Pilz-Vorstoß: Grüne und Piraten in einem Boot?

(c) APA (HELMUT FOHRINGER)
  • Drucken

Die Idee, Piraten auf der grünen Liste kandidieren zu lassen, kommt kaum an. Die ÖVP hegt eine andere Strategie gegen Freibeuter.

Wien. Die Piraten haben es am Dienstag ins Kanzleramt geschafft – zumindest als Thema: Im Pressefoyer nach dem Ministerrat erklärte Vizekanzler Michael Spindelegger zum Wahlerfolg der Innsbrucker Piraten(-splittergruppe), dass „Piraten nicht die Oberhand gewinnen“ dürften.

Und: „Piraten gegen die Demokratie einzusetzen, halte ich nicht für den richtigen Weg“, meinte er – um kurz darauf etwas zurückzurudern und zu betonen, dass er mit „Piraten“ jetzt gar nicht unbedingt die Vertreter der Piratenpartei gemeint habe. Spindelegger nutzte das offenbar komplizierte Thema dann auch lieber, um Werbung für das Demokratiepaket der ÖVP zu machen. Man wolle Demokratie lebendiger machen, indem etwa Bürger Volksabstimmungen erzwingen können sollen. Mit den Neuerungen, so hofft er, werde man den Piraten das Wasser abgraben.

Pilz-Vorschlag als Einzelmeinung

Die Grünen könnten dagegen auf eine andere Taktik setzen: Mandatar Peter Pilz plädierte gegenüber der „Kleinen Zeitung“ dafür, die Piraten ins Boot zu holen: Bei der Nationalratswahl 2013 solle es Piraten auf der grünen Wahlliste geben – „und zwar auf absolut wählbaren Plätzen“. Mit der Parteispitze ist das allerdings nicht abgesprochen. „Das war und ist kein Thema“, sagt Bundesgeschäftsführer Stefan Wallner. Es handle sich um eine Einzelmeinung. Zumal die Innsbruck-Wahl gezeigt hätte, dass die Piraten vor allem bei der „Protestpartei FPÖ“ fischen würden. Deutsche Wahlstromanalysen würden ebenfalls beweisen, dass die Piraten nicht in erster Linie mit den Grünen konkurrieren.

Aber könnte ein Kooperation nicht inhaltlich sinnvoll sein? Bundesrat Marco Schreuder, der als grüner Netzpolitiksprecher den Piraten bei ihrem Kernthema am nächsten steht, ist von der Idee mäßig begeistert: „Ich halte sie für nicht unbedingt verfolgenswert.“ Viele Positionen der Piraten seien zu unklar, manche – Stichwort: Beteiligung von Frauen – sogar grundverschieden. Gerade in Innsbruck habe es auch „rechte Umtriebe“ bei den Piraten gegeben – „da wollen wir nicht anstreifen“.

Zusammenarbeit in der Fragen der Netzpolitik kann sich Schreuder jedoch vorstellen: Im EU-Parlament hätten die Grünen mit den schwedischen Piraten gute Erfahrungen gemacht. Allerdings sieht Schreuder auch hier „atmosphärische Unterschiede“ – Stichwort: Urheberrecht. Die Grünen suchen den Kompromiss mit den Künstlern, während sich in Deutschland die Piraten gerade den Zorn einiger namhafter Komponisten und Literaten zugezogen haben.

Dass sich die Grünen von den Piraten die Netzpolitik haben abspenstig machen lassen, bestreitet Schreuder: „Ich denke da weniger parteipolitisch als manche Journalisten.“ Er sei sogar dankbar, dass die Piraten das Thema aus der „Nerd-Ecke“ herausgeholt hätten: „Wenn ich Journalisten vor drei Jahren davon erzählt habe, hieß es immer, das ist kein Thema.“ Angst vor Konkurrenz hat er nicht: „Wegen der Netzpolitik wählt keiner die Piraten, da geht es nur um Protest.“ Und: Unsere Wähler sind gebildet und anspruchsvoll: Die erwarten ein Parteiprogramm.“

Piraten sagen: „Eher nein“

Auch bei den Wiener Grünen, Schreuders politischer Heimat, wälzt man keine Pläne à la Pilz. „Ein Angebot für ein fixes Mandat gibt es sowieso für niemanden“, sagt Klubobmann David Ellensohn. Generell könne jeder bei den Grünen kandidieren – aber bei der Wien-Wahl 2010 gab es „von Piraten auch gar kein Interesse“. Und was sagen die Piraten selbst? Die müssen, so heißt es aus dem Bundesvorstand, über die Pilz-Idee erst diskutieren – die Zeichen stünden „eher auf Nein“.

Sollte es trotzdem zu einer Zweckgemeinschaft von Grünen und Piraten bei der Nationalratswahl kommen, wäre das auch kein Neuland: 2006 nahm die SPÖ mit Alexander Zach einen Vertreter des Liberalen Forums mit ins Parlament. Die Liaison endete rasch. 2008 kandidierte das Liberale Forum wieder eigenständig, verpasste jedoch den Parlamentseinzug.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kommentare

Pirat ist nicht gleich Pirat

Ein Hype in Deutschland und ein Mandat in Tirol machen noch keine Parlamentspartei.
Piraten Maria Maltschnig, Helge Fahrnberger, Patryk Kopaczynski (mit Bart und Piratenhut)  Foto: Cl
Politik

"Pfuscher": Tiroler Piraten attackieren Bundespartei

Österreichs Piratenpartei will sich den Innsbrucker Piraten annähern - zuvor hatten sie deren Spitzenkandidaten aus der Partei ausgeschlossen. Die Tiroler wehren ab und sprechen von "Wahnsinnigen".

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.