Flöttl-Anwalt bei Bawag-Prozess II: "Stimmt alles nicht"

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FloettlAnwalt BawagProzess Stimmt allesAPA (Schlager)
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Bis Ende Juni stehen der ehemalige Investmentbanker Wolfgang Flöttl und sechs weitere Personen vor Gericht. Der Prozess hat begonnen.

Fast fünf Jahre nach Beginn des ersten Bawag-Strafprozesses hat heute Mittwoch kurz nach 10 Uhr im Wiener Straflandesgericht die Neuauflage des Verfahrens begonnen. Sieben der neun Angeklagten des ersten Verfahrens stehen ab heute wieder vor Gericht. Das erstinstanzliche Urteil vom Juli 2008 von Richterin Claudia Bandion-Ortner war wegen formeller Mängel in erheblichen Teilen vom Obersten Gerichtshof (OGH) aufgehoben worden. Nun verhandelt Richter Christian Böhm, die Anklage wird von Staatsanwältin Sonja Herbst vertreten.

Der Saal 203 im Straflandesgericht füllte sich bis auf den letzten Platz. Der Hauptangeklagte im ersten Verfahren, Ex-Bawag-Chef Helmut Elsner, ist diesmal lediglich wegen einer Subsidiaranklage der Bawag dabei. Neben Flöttl, Weninger und teilweise Elsner sind erneut die früheren Bankvorstände Christian Büttner, Hubert Kreuch und Josef Schwarzecker sowie Ex-Bankprüfer Robert Reiter angeklagt. Richter Böhm hat 20 Verhandlungstage angesetzt, der erste Prozess dauerte 117 Tage. Staatsanwältin Herbst, die schon im ersten Verfahren neben Staatsanwalt Georg Krakow tätig war, begann zu Verhandlungsbeginn mit ihrem Plädoyer. Die Personalien und Vermögensverhältnisse der Angeklagten wurden aufgenommen. Der in New York lebende Flöttl sagte, er besitze rund eine Million Euro "in liquiden Anlagen".

"Das stimmt alles nicht"

Der Anklagevorwurf lautet auf Untreue gegenüber der Bank. Die frühere Gewerkschaftsbank sei durch verlustreiche Spekulationen Flöttls mit Bawag-Geldern geschädigt worden, die Bankspitze soll dies vertuscht haben. Flöttl, Sohn von Elsners Vorgänger an der Bankspitze Walter Flöttl, weist die Vorwürfe zurück. Sein Mandant habe kein Geld gestohlen, und die Justiz habe das schon im ersten Verfahren genau geprüft, argumentierte sein Anwalt Herbert Eichenseder. "Das stimmt alles nicht". Die immer wieder auftauchenden Vorwürfe von Elsner gegenüber Flöttl, die auch von Medien aufgegriffen würden, seien haltlos. Flöttl selber saß während des Plädoyers seines Anwalts ruhig im Gerichtssaal.

Auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft habe Flöttl im ersten Verfahren 10.000 Seiten vorgelegt, davon 6000 Seiten von der US-Bundesstaatsanwaltschaft, um zu beweisen dass er kein Geld genommen habe. "Da werden Sie nicht annehmen können, dass das alles gefälscht ist", meinte der Anwalt. Auch ein Gutachten vom "weltgrößten Wirtschaftsprüfungsunternehmen Arthur Andersen" liege vor, sagte Eichenseder. (Das US-Unternehmen Arthur Andersen war im Gefolge des Enron-Konkurses 2002 wegen Behinderung der Justiz verurteilt und schließlich zerschlagen worden, Anm.).

Anwalt: Nach Bawag-Geldern wurde gesucht

Die Justiz habe sehr wohl nach den Bawag-Geldern gesucht, auch Flöttls Konten seien geöffnet worden. Die Gelder seien bei Großbanken veranlagt worden, dafür seien Unterlagen vorgelegt worden. Auch einen Computerabsturz habe es bei Flöttl nicht gegeben, sagte Eichenseder, stattdessen seien die Computer entsorgt worden. Im ersten Verfahren hatte ein Mitarbeiter Flöttls ausgesagt, dass durch einen Hardwarefehler bei Flöttls Firma Ross Capital Daten über die Geschäfte mit der Bawag verschwunden seien.

Elsner orte eine "Verschwörung" von Flöttl und anderen gegen ihn und vermute Geldflüsse aus Bawag-Geldern nach Österreich - was es aber alles nicht gebe, so Eichenseder, der seinerseits Vorwürfe gegen Elsner richtete. Dieser wechsle seine Anwälte immer wieder aus, wenn sie Fehler in Elsners Angaben entdeckten.

Elsner heute nicht vor Gericht

Elsner selber war heute nicht vor Gericht, weil das Verfahren gegen ihn nur tageweise ab nächsten Mittwoch geführt wird. Das Verfahren gegen Elsner wurde kurz vor Verhandlungsbeginn ausgeschieden, darum können auch seine Anwälte noch nicht das Wort ergreifen. Elsners Verteidiger Jürgen Stephan Mertens und Tassilo Wallentin sehen darin eine Einschränkung der Rechte der Verteidigung, wie sie am Rande des Verfahrens sagten.

Flöttls zweiter Anwalt Christian Hausmaninger führte aus, dass Flöttl nur mehr wegen zweier Fakten angeklagt sei: Wegen "Ophelia" mit 80 Millionen Dollar und "Capper" im Umfang von 17 Millionen Dollar. "Ophelia" wurde im ersten Verfahren als Betriebsmittelkredit der Bawag für Flöttls Gesellschaften dargestellt. Flöttl habe nicht wissen können, dass diese Gelder von der Bawag unrechtmäßig an ihn vergeben wurden. Ihm seien die erforderlichen Genehmigungen vorgelegen, argumentierte Hausmaninger.

"Schande der Justizgeschichte"

Die frühere rechte Hand von Elsner, Peter Nakowitz, sitzt ebenfalls wieder auf der Anklagebank. Sein Mandant habe wohl "den schwersten Rucksack bei diesem Familientreffen", meinte dessen Anwalt Carl Constantin Eschlböck in seinem Plädoyer. Nakowitz habe keine strafbare Handlung gesetzt, er habe nur beim ersten Prozess "die falsche Karte gezogen". Das Vorgehen der Justiz sei "eine Schande der Justizgeschichte", sein Mandant werde nun schon sieben Jahre lang "durch die Mühlen der Justiz gedreht", er habe seine Ersparnisse verloren und seine Existenz sei ruiniert. Nakowitz war in erster Instanz zu vier Jahren Haft verurteilt worden, der OGH hatte das Urteil zum Teil aufgehoben, nun muss neu verhandelt werden.

Nakowitz werde der Untreue bei den Investments "Hapenny" und "Ophelia" bezichtigt, bei diesen angeblichen Straftaten hätte er aber höchstens "den Helden spielen, kündigen und alle anzeigen können", so der Anwalt. Dass Nakowitz dies unterlassen habe, sei aber nicht strafbar. Sein Mandant habe ohnehin in der Bawag damals nur eine "kaum wahrnehmbare" Rolle gespielt, stellte er den damaligen Bawag-Generalsekretär und späteren Vorstand nur als ausführendes Organ dar: "Wenn Sie von ihrem Bankbetreuer eine Überweisung wollen, erwarten Sie dass er es Ihnen verweigert?"

Elsner am 2. Mai erstmals vor Gericht

Ex-Bankchef Johann Zwettler ist rechtskräftig zu fünf Jahren Haft verurteilt und steht als einziger der ursprünglich neun Angeklagten nicht mehr vor Gericht. Er musste nicht ins Gefängnis, weil er aus gesundheitlichen Gründen haftunfähig ist. Elsner ist bereits rechtskräftig zu zehn Jahren Haft, zur Höchststrafe, verurteilt worden. Davon hatte er viereinhalb Jahre (inklusive Untersuchungshaft) abgesessen, bis er im Juli 2011 aus gesundheitlichen Gründen für haftunfähig erklärt wurde.

Elsner muss erst nächsten Mittwoch (2. Mai) vor Gericht erscheinen. Die Bawag will sich Elsners Pensionsabfindung zurückholen und erhofft sich durch ihr Vorgehen Unterstützung fürs Zivilverfahren. Nach Angaben seiner Anwälte unterzieht er sich heute einer medizinischen Untersuchung wegen Verdachts auf Tuberkulose.

(APA)

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