Neuer Vorwurf: Grasser sagte entscheidende Buwog-Sitzung ab

Neuer Vorwurf: Grasser sagte entscheidende Buwog-Sitzung ab
Neuer Vorwurf: Grasser sagte entscheidende Buwog-Sitzung ab(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein Spitzenbeamter im Finanzressort belastet seinen einstigen Chef: Ohne dessen Intervention hätte wohl die CA Immo und nicht die Immofinanz den Zuschlag bekommen.

[Wien] „Es ist auch ein Menschenrecht, dass ich jetzt etwas esse." Gabriela Moser sorgte am Mittwoch für den größten Lacher im Korruptionsuntersuchungsausschuss: Nämlich als die Grüne kurz vor halb drei den Vorsitz abgab - und zwar an BZÖ-Mandatar Stefan Petzner, waren doch ihre Stellvertreter von SPÖ, ÖVP und FPÖ gerade nicht anwesend in der Sitzung, die bereits seit neun Uhr andauerte. Und so führte ausgerechnet Petzner, einst enger Mitarbeiter von Landeshauptmann Jörg Haider, kurzfristig die Sitzung über ein auch für Kärnten heikles Thema: die Privatisierung von 58.000 Bundeswohnungen (Buwog) im Jahr 2004 - mit einem Vorkaufsrecht des Landes gegenüber dem Finanzministerium.

Wie er denn dieses Vorkaufsrecht abgewickelt habe, fragten die Abgeordneten den früheren Landeshauptmann-Vize und Finanzreferenten Kärntens, Karl Pfeifenberger (FPÖ). Der konnte oder wollte sich - wie schon mehrere Zeugen vor ihm - nicht an Details erinnern. Sein Mantra, mit dem er teils Kopfschütteln, teils Widerspruch erntete: Formal sei er als Finanzreferent zwar für die Buwog zuständig gewesen, de facto hätte aber der Landeshauptmann alles selbst abgewickelt. Inwieweit Haider sich mit dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser ausgetauscht habe, wisse er nicht.

Haiders Vize gab sich ahnungslos

Freilich nicht nur Haider, sondern auch Pfeifenberger wurde von den Abgeordneten zugeschrieben, dass Kärnten Mitte 2004 im Hinblick auf den Bestbieter auf das Vorkaufsrecht verzichtete, obwohl dieser Bestbieter - die CA Immo unterlag für viele überraschend und kurzfristig der Immofinanz - erst Stunden später von der Vergabekommission offiziell verkündet wurde.

Der Verdacht mehrerer Parlamentarier: Grasser habe eine entsprechende Vorabinformation gegeben und auch angewiesen, dass Kärnten sein Vorkaufsrecht nicht nützt, denn das hätte Experten zufolge die CA Immo begünstigt: Hätte das Land nämlich die Villacher Wohnungsgesellschaft ESG gekauft, wäre die Immofinanz für die restlichen Gesellschaften Zweitbieter gewesen - und die CA Immo hätte diese erhalten.

Doch Grasser, so die Vermutung unter den Abgeordneten des U-Ausschusses, hätte sich von einer Entscheidung für die Immofinanz 2004 (bzw. schon für die beratende Investmentbank Lehman 2002) einen (finanziellen) Vorteil für sich oder seine Vertrauten - darunter der Lobbyist und Ex-FPÖ-Politiker Walter Meischberger (siehe auch unten stehenden Artikel) - erhofft. Pfeifenberger zum Verzicht auf das Vorkaufsrecht durch Kärnten: „Ich habe keine Erklärung."

Davor hatte bereits ein Spitzenbeamter im Finanzministerium, Josef Mantler, seinen einstigen Chef belastet: Grasser selbst habe im Frühling 2004 eine entscheidende Sitzung der Vergabekommission abgesagt, bei der bereits der Zuschlag für den Buwog-Verkauf hätte erteilt werden sollen. Stattdessen gab es später ein zweites Bieterverfahren - zugunsten der Immofinanz, die die (mit 960 Mio. Euro ursprünglich bestbietende) CA Immo am Ende um nur knapp 1,2 Mio. Euro überbot. Mandatare vom Grünen Peter Pilz bis zu Petzner orten Manipulation. Grasser selbst hat den Vorwurf, er habe das Bieterverfahren beeinflusst, stets zurückgewiesen - so auch kürzlich im U-Ausschuss.

Kritik daran, dass das Finanzministerium die Beratung in Sachen Buwog an Lehman (die der CA IB vorgezogen wurde) auslagerte, übte der pensionierte Rechnungshofbeamte Gottfried Efler: Das Finanzressort hätte selbst genügend geeignetes Personal dafür gehabt, sagte er vor den Abgeordneten.

Heute, Donnerstag, wird im Untersuchungsausschuss als eine zentrale Auskunftsperson der Immofinanz-Vertreter Karl Petrikovics aussagen. Bis 22. Mai sollen dort noch rund 25 Personen zur Buwog-Affäre befragt werden, darunter Ludwig Scharinger, einst Chef der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich, und Günter Geyer, Chef der Wiener Städtischen (Vienna Insurance Group). Beide Unternehmen waren mit der Immofinanz im siegreichen Bieterkonsortium für die Bundeswohnungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2012)

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