Spindelegger über Kopf: „Er macht seine Arbeit in Wahrheit sehr gut“

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Michael Spindelegger will den Ländern keine Parteispendenregel „aufs Aug' drücken“. Ferry Maier hat er zu einem Gespräch eingeladen.

Die Presse: Herr Vizekanzler, wieso werden die Landesparteien nicht gleich in vollem Umfang in das Gesetz zur Parteienfinanzierung einbezogen?

Michael Spindelegger: Weil auf Landesebene ein gewisser Regelungsspielraum da sein soll. Aber wir haben Bundesstandards gesetzt, über die es keine Diskussion gibt. Daran müssen sich auch die Länder halten.

Sie meinen, es gibt ein Verschlechterungsverbot. Die Grenze, ab der Parteispenden offengelegt werden müssen, liegt bei maximal 5000 Euro.

Genau. Aber wenn eine Landespartei noch schärfere Standards will, soll das möglich sein. Vorarlberg hat eine Grenze von 1000 Euro, in Salzburg sind es 500 Euro. Das will ich nicht über den Haufen werfen.

Kann es sein, dass Sie dem Druck Ihrer Landesparteichefs nachgegeben haben?

Es gibt keinen Druck. Es ist auch eine Frage des Umgangs miteinander. Wir haben mit den Landesparteien formell ja nicht einmal verhandelt. Ihnen jetzt eine Regelung aufs Aug' zu drücken, wäre nicht gut.

Einen Zusammenhang mit den Landtagswahlen in Niederösterreich und Tirol im Frühjahr 2013 schließen Sie aus?

Ich halte diese Mutmaßung für wirklich entbehrlich. Unter dem öffentlichen Druck, der gerade herrscht, wird doch niemand glauben, dass er sich da rauswinden kann.

Wieso hat die Regierung für diese Neuregelung so lange gebraucht? Das Transparenzpaket hätte schon im Herbst 2011 präsentiert werden sollen.

Weil es doch eine sehr umfangreiche Frage ist. Und weil im Untersuchungsausschuss Dinge ans Tageslicht gekommen sind, die für die politische Landschaft neu waren.

Der U-Ausschuss hat auch einige unangenehme Dinge für die ÖVP zutage gefördert. Würden Sie sagen, Ihre Partei befindet sich in einer Krise?

Die Situation ist für alle unangenehm.

In den Umfragen liegt die ÖVP derzeit zwischen 22 und 24 Prozent. Was werden Sie tun?

Wir haben das Alarmsignal gehört und deshalb dieses Sauberkeitspaket gemacht. Und in der ÖVP habe ich auch den Verhaltenskodex de facto fertig.

Was steht da drin?

Es wird eine Handlungsanleitung sein, wie man sich als christlich-sozialer Politiker verhält: bei Einladungen, Interventionen oder Inseraten. Und sie gilt vom Parteichef bis hinunter zum letzten Ortsparteiobmann.

Erhard Busek meinte, christlich-soziale Politiker bräuchten keine Handlungsanleitung, sie hätten nämlich schon eine: die Zehn Gebote.

Die sind auch wichtig. Die Frage ist nur, welches ich anwende, wenn es darum geht, einen Druckkostenbeitrag zu verlangen oder nicht. Ich glaube nicht, dass ein Ortsparteifunktionär, der gerade eine Gemeindezeitung macht, in den Zehn Geboten eine gute Antwort darauf findet.

Werden Sie Ihrem Klubobmann eigentlich die Ehrenmitgliedschaft der ÖVP verleihen?

Der Klubobmann macht einen guten Job.

Ich frage deshalb, weil Karlheinz Kopf sinngemäß gesagt hat, er verdiene die Ehrenmitgliedschaft der ÖVP, wenn er die Ursache für den Rücktritt des Abgeordneten Ferry Maier war. Er war die Ursache.

Das habe ich gelesen.

Haben Sie mit Maier gesprochen?

Wenn ein Abgeordneter sagt, er kann nicht mehr, muss man ihn ziehen lassen. Ich glaube, dass man Kritik aushalten, aber auch aufarbeiten muss. Ich habe ihn deshalb zu einem Gespräch eingeladen.

Haben Sie den Abgeordneten Michael Ikrath auch schon eingeladen? Er sagte dem „Kurier“, der Rücktritt Maiers sei nur Ausdruck einer Entwicklung, wonach die ÖVP Abgeordnete mit eigener Meinung als Störfaktoren betrachtet.

Ich glaube nicht, dass sich daraus schon ableiten lässt, dass es ein besonderes Demokratiedefizit im ÖVP-Klub gibt. Aber auch das wird man im Klub aufarbeiten müssen.

Maier hat Kopf den Rücktritt nahegelegt.

Ein Abgeordneter tut alles Mögliche bei seinem Abgang. Kopf ist sehr fachkundig, aber auch ein Vorarlberger, der sehr direkt ist. Manche wünschen sich da eine andere Vorgangsweise. Ich habe damit kein Problem, weil er seine Arbeit in Wahrheit sehr gut macht. Und das ist für mich entscheidend.

Werden Sie die ÖVP nächstes Jahr als Spitzenkandidat in die Wahl führen?

Natürlich bin ich als Parteiobmann derjenige, der als Spitzenkandidat antreten wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012)

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