„Transparenzpaket“ light: Warten auf die Länder

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SPÖ und ÖVP fixierten ihre neuen Regeln für Parteispenden, Nebeneinkünfte und Wahlkampfkosten. Fertig ist das Paket aber noch lange nicht.

Wien. Kahlenberg, 484 Höhenmeter, in Wien Döbling: Wenigstens physisch hat sich die Regierung am Freitag hoch hinausgewagt. Und auch inhaltlich bemühte sie sich um Höhenflüge: Einmal noch brütete man bei der mehrstündigen Regierungsklausur im Hotel Kahlenberg über dem „Transparenzpaket“ – um es, nach monatelanger Verzögerung, endlich der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Österreich weiterbringen“ war der selbst auferlegte Anspruch. Und geht es nach Kanzler und Vizekanzler, dann wurde dieser auch erfüllt, wie sie behaupteten: „Korruption ist kein Kavaliersdelikt, und wir haben aus den Vorfällen der Vergangenheit gelernt“, sagte Werner Faymann (SPÖ). „Wir hatten den Auftrag zu einem Sauberkeitspaket, und dem sind wir gerecht geworden“, meinte Michael Spindelegger (ÖVP).

Fast jedenfalls, wie die Regierungs- und Parteichefs gleich selbst eingestanden: Denn ganz klar ist noch nicht, wie die Länder das Paket umsetzen sollen, erste Reaktionen waren widersprüchlich. Faymann will keinen „Fleckerlteppich“, sondern eine Regelung für alle, Spindelegger kann sich auch vorstellen, dass die Länder ihre eigenen Regeln finden – sofern sie nicht schwächer als die des Bundes ausfallen. SPÖ und ÖVP geben sich nun noch sechs Monate, um doch noch eine gemeinsame Lösung zu finden.

Sonst sind sich Rot und Schwarz bereits über das „Transparenzpaket“ einig, das sie im Ministerrat vom 15. Mai verabschieden und anschließend rasch mit der Opposition diskutieren wollen. Ihr Plan: Der Beschluss soll spätestens im Juli im Parlament fallen. Die Vorschläge im Detail:

•Parteispenden: Parteien müssen künftig alle Spenden ab 5000 Euro – und die Namen ihrer Spender – melden. Die Meldung soll zuerst an den Rechnungshof gehen, er macht die Liste dann öffentlich. Sofort gemeldet werden müssen Spenden ab 50.000 Euro. Anonyme Spenden sollen nur noch bis 1000 Euro, Barspenden oder Spenden aus dem Ausland nur noch bis 2500 Euro erlaubt sein. Gelten soll die neue Regelung für Parteien, ihre Teilorganisationen (wie die ÖVP-Bünde) und ihnen nahestehende Organisationen (wie die SPÖ-Gewerkschaften). Nicht mehr erlaubt sein sollen Spenden von Kammern und spendenbegünstigten Einrichtungen.

•Nebenjobs und Nebeneinkünfte:
Auch für die Abgeordneten stehen Veränderungen an: Sie müssen künftig alle Nebentätigkeiten angeben – auch, wie viel sie verdienen. Allerdings müssen sie dabei nicht die exakte Summe nennen, sondern in welche Bezugsstufe sie fallen (etwa: 1000 bis 3500 Euro). Auch unbezahlte Tätigkeiten müssen gemeldet werden, dies auch von Regierungsmitgliedern. Erhalten Politiker Zuwendungen von Firmen oder Lobbyisten, die sich damit ihre Unterstützung sichern wollen, kann das zu Haftstrafen führen. Dann nämlich, wenn die Amtsführung der Politiker beeinflusst wird.

Lobbyisten müssen sich in ein Register eintragen. Das gilt auch für Kammern und Gewerkschaften. Sie müssen aber nur die Gesamtzahl der Interessenvertreter nennen.

•Wahlkampfkosten:
Die Wahlkampfkosten von Parteien sollen mit sieben Mio. Euro – 50 Prozent des Gesamtbetrags der öffentlichen Wahlkampfkostenrückerstattung – begrenzt werden. Wer mehr ausgibt, dem wird der entsprechende Betrag bei der folgenden Wahlkampfkostenerstattung abgezogen.

Und sonstige Sanktionen? Parteien müssen weiterhin jährliche Rechenschaftsberichte vorlegen, dies aber mit mehr Informationen als bisher: So müssen künftig auch die Summen der Zuwendungen von parteinahen Organisationen und Erträge aus Sponsoring und Inseraten gemeldet werden. Tun sie das nicht, sind Geldstrafen von bis zu 100.000 Euro vorgesehen. Bleibt die Meldung einzelner Spenden aus, sind Strafen bis zum Dreifachen des Betrags möglich.

Von Opposition und Experten wurde das „Transparenzpaket“ gemischt aufgenommen: Einerseits würdigten sie das Bemühen im Kampf gegen die Korruption, die Maßnahmen gehen ihnen aber nicht weit genug. So kritisierte der Politologe Hubert Sickinger, dass eine unabhängige Kontrollkommission „mit gerichtlichem Charakter“ – oder alternativ strafrechtliche Regelungen für grobe Verstöße – fehlt; stattdessen soll am Ende das Kanzleramt die Strafen verhängen. Das hätte eine zu geringe abschreckende Wirkung.

Opposition: „Ohne Verbindlichkeit“

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sprach von einer „Absichtserklärung ohne Verbindlichkeitscharakter“, Josef Bucher (BZÖ) sieht eine „offene Baustelle mit Schlupflöchern“. Er kann sich aber vorstellen, für die Neuregelung zu stimmen. Für große Teile davon ist eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

In Kraft treten soll das Paket laut Rot-Schwarz möglichst im Jänner 2013. Der erste Rechenschaftsbericht nach dem Paket würde somit im Herbst 2014 veröffentlicht.

Auf einen Blick

Am Freitag präsentierte die Regierung ihr neues „Transparenzpaket“. Die Kernelemente: strengere Regeln für Parteispenden, die Nebenjobs und Nebeneinkünfte von Abgeordneten und die Wahlkampfkosten. Auch Lobbyisten sind betroffen. Am 15. Mai im Ministerrat will Rot-Schwarz die Regelungen fixieren und danach mit der Opposition verhandeln. Kanzler Faymann und Vizekanzler Spindelegger hoffen, dass das Parlament das Paket bis Juli absegnet. In Kraft treten soll es etappenweise – großteils ab Jänner 2013. Noch offen ist, ob die Länder das Paket durch eigene Regeln oder durch eine gemeinsame (bundes-)gesetzliche Regelung umsetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012)

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