Bawag-Verfahren: Helmut Elsner steigt in den Ring

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Ex-Bawag-Aufsichtsratschef Günter Weninger wurde am Freitag einvernommen. Helmut Elsner muss am Mittwoch vor den Richter. Er möchte den Vergleich zwischen der Bawag und den Refco-Gläubigern neu prüfen lassen.

Wien. „Ich war dem Ganzen nicht gewachsen.“ Damit hatte der frühere Bawag-Aufsichtsratspräsident, zugleich Ex-ÖGB-Vizepräsident, Günter Weninger, aufhorchen lassen. Das war Mitte Juli 2007. Im ersten Bawag-Prozess. Am Freitag wurde Weninger erneut als Angeklagter einvernommen – im zweiten Bawag-Prozess.

Er habe damals, im Oktober 1998, als die ersten großen Spekulationsverluste einem kleinen, bankinternen Kreis um den damaligen Bawag-Boss Helmut Elsner bekannt wurden (Verlust von 639 Millionen US-Dollar durch den Spekulanten Wolfgang Flöttl), nach außen hin geschwiegen. Er habe die Bank nicht gefährden wollen. Weninger: „Mir wurde ein großer Rucksack umgehängt.“

Im ersten Prozess hatte der mittlerweile 71 Jahre alte, pensionierte Beamte wegen Beteiligung an der Untreue zweieinhalb Jahre Haft bekommen (sechs Monate unbedingt, der Großteil wurde ihm bedingt nachgesehen). Die Strafe war ergangen, weil Weninger bei besagter Sitzung im kleinen Kreis die Überlassung neuer Gelder an Flöttl, 330 Millionen Euro, mitgetragen hatte. Der OGH hatte diesen Schuldspruch aufgehoben, weshalb sich Weninger nun neuerlich als Angeklagter wiederfindet.

Er sei von Elsner getäuscht worden. Ihm sei gesagt worden, dass Flöttls Vermögen für die Abdeckung der Verluste ausreiche. Auch habe er nicht gewusst, dass noch während der Krisensitzung – also in Rekordtempo – neue Gelder überwiesen wurden. Den gesamten Aufsichtsrat habe er nicht informiert, weil dies laut eigens eingeholter anwaltlicher Auskunft nicht nötig gewesen sei. Weningers Anwalt, Richard Soyer, meint nun, das Ganze damals sei eine „Scheinsitzung“ gewesen, „um den Aufsichtsratspräsidenten ins Boot zu holen“. Und so bekennt sich der „Gewerkschafter der alten Schule“ (Zitat Soyer) nun „nicht schuldig“.

Spannend wird die vorerst bis Ende Juni angesetzte zweite Bawag-Verhandlung am Mittwoch (2.Mai): Dann nämlich steigt Elsner in den Ring. Da die Bawag ihre an ihn ausgeschüttete Pensionsabfindung, 6,8 Millionen Euro, zurückwill, bringt sie den zu zehn Jahren Haft rechtskräftig verurteilten Ex-Banker mittels einer Subsidiaranklage erneut vor Gericht.

Abgesehen davon, dass Elsners Anwalt, Tassilo Wallentin, diese „Anklage“ mit allen Mitteln bekämpft, ist auch Elsner selbst hoch aktiv: Im Bemühen, der Spur der Flöttl damals anvertrauten Gelder zu folgen, hat er sich auch den 2006 abgeschlossenen Vergleich zwischen der Bawag und den Gläubigern des zusammengebrochenen US-Brokerhauses Refco genauer angesehen. Zur Erinnerung: Die Bawag hatte Refco einen 350-Millionen-Euro-Kredit gewährt. Die Bank war zudem früher an Refco beteiligt gewesen. Daher wurde sie von den Refco-Gläubigern zur Rechenschaft gezogen. Der Vergleich kostete die Bank insgesamt etwa eine Milliarde Euro.

Wie aus einem Schriftverkehr zwischen Elsners Rechtsvertreter Wallentin und der für die Bawag arbeitenden Kanzlei Fellner Wratzfeld & Partner hervorgeht, thematisiert Elsner den Umstand, dass die in Österreich für Oktober 2006 angesetzte Nationalratswahl den Vergleich offenbar kräftig beschleunigt hat. Dies ergibt sich auch aus Unterlagen des zuständigen New Yorker Gerichts (Southern District), die der „Presse“ vorliegen.

Ermittlungen im siebten Jahr

Fazit laut Schreiben des Elsner-Anwaltes: Da Refco-Chef Phillip Bennett zugegeben habe, seine Partner getäuscht zu haben, wäre der teure Vergleich in der Form nicht nötig gewesen. Bleibt die Frage, was aus den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Wien gegen die Bawag-Verantwortlichen aus der Zeit des Refco-Kredits wurde (Elsner war längst in Pension) – Ermittlungen, die im November 2005 begannen? Aktuelle, gleichwohl unbefriedigende Auskunft der Anklagebehörde: „Der Akt befindet sich im Ermittlungsstadium.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2012)

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