Neue Erkenntnisse: Druck auf Ex-Minister Grasser steigt

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Am Dienstag wird der einstige Finanzminister erneut im U-Ausschuss aussagen. Nach der Befragung seines Ex-Kabinettschefs wird es eng. Details zu den Ermittlungen darf die Justiz nicht bekannt geben.

Wien. Auch Loyalität hat ihre Grenzen: Das weiß schon längst Karl-Heinz Grasser, und umso mehr, seit ihn sein einstiger Kabinettschef Heinrich Traumüller im U- Ausschuss in Sachen „Buwog“ schwer belastet hat. Jetzt hat Traumüller auch bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft ausgepackt: Ja, es habe zuletzt zwei Befragungen Traumüllers gegeben, und ja, weitere Befragungen seien „möglich“, bestätigt der „Presse“ der Sprecher der Korruptionsstaatsanwaltschaft, Staatsanwalt Martin Ulrich. Es werde „ergänzend einvernommen“, wann immer es notwendig erscheine – und wer immer einvernommen werden müsse.

Das heißt: Auch Grasser selbst, ohnehin schon seit Jahren in mehrere Verfahren verwickelt, könnte nach den Aussagen Traumüllers bald zu dessen – neuen – Vorwürfen befragt werden. „Ausschließen kann man gar nichts“, sagt Ulrich dazu. Details zu den Ermittlungen darf die Justiz nicht bekannt geben. Nur so viel: „Wir verfolgen die Aussagen im U-Ausschuss sehr aufmerksam.“ Gibt es „verfahrensrelevante“ Aussagen, reagiere man darauf „fließend“.

Morgen, Dienstag, wird der Ex-Finanzminister selbst erneut im Korruptions-U-Ausschuss aussagen, nach dem 17. April ist es seine zweite Befragung zur Privatisierung von 58.000 Bundeswohnungen im Jahr 2004. Und noch nie war Grasser in so großer Erklärungsnot – nach Traumüllers Aussagen, aber auch nach Aussagen weiterer Befragter im U-Ausschuss. Grasser selbst weist bisher alle Vorwürfe von sich. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Die wichtigsten Vorhaltungen gegen ihn und sein nächstes Umfeld im Überblick:

•Essen bei „Fabios“:
Im September 2002 bekam Lehman Brothers den Zuschlag, als es um die Wahl jenes Investmenthauses ging, das das Finanzressort beim Verkauf der Bundeswohnungen beraten sollte. Dabei hatte das entscheidende Expertengremium zunächst die CA-IB favorisiert. Hat Grasser etwa für Lehman Stimmung gemacht? Diesen Verdacht nährt die Tatsache, dass er offenbar nur zwei Tage vor dem Zuschlag mit dem damaligen Buwog-Aufsichtsratsvorsitzenden Ernst Karl Plech beim Wiener Nobel-Italiener „Fabios“ zum Mittagessen war. Auch Plech hatte eine Stimme in der Expertenkommission. Grasser selbst bestreitet jede Einflussnahme, auch Plech will nichts davon wissen.

•Geheime Sitzung:
Bis zum 4. Juni 2004 konnten Interessenten für die Bundeswohnungen bieten. Am 7. Juni gab es dann eine inoffizielle Sitzung im Finanzministerium, bei der Lehman mehrere Beamte und auch Finanzstaatssekretär Alfred Finz über die Anbote informierte. Und: Auch Grasser war Traumüller zufolge bei besagter Sitzung im „Gelben Salon“ anwesend. Auch er war frühzeitig über die Preisgebote informiert.

Hat er über seine Vertrauten – den einstigen FPÖ-Politiker Walter Meischberger und den Lobbyisten Peter Hochegger – den späteren Bestbieter Immofinanz über jene Marke informiert, die er auf jeden Fall überbieten müsse, um den Zuschlag zu bekommen? War die eigentliche Quelle also der Minister? Fest steht: Am Ende gewann das Bieterkonsortium um die Immofinanz mit einem Anbot von 961 Mio. Euro – also mit nur einer Million vor dem ursprünglichen Bestbieter CA Immo. Ex-Immofinanz-Chef Karl Petrikovics erklärte, den entscheidenden Tipp von Hochegger bekommen zu haben.

•Zweite Bieterrunde:
Die CA Immo hätte wohl tatsächlich den Zuschlag bekommen, wäre wie ursprünglich geplant schon am 8. Juni über den Käufer abgestimmt worden. Doch Grasser selbst soll veranlasst haben, dass der 8. Juni abgesagt und stattdessen erst nach einer zweiten Bieterrunde am 13. Juni entschieden wird. Übrigens angeblich nicht zufällig am 13. Juni: Da war EU-Wahl, und man ging offenbar davon aus, dass das öffentliche Interesse dann eher dem Europaparlament als dem Buwog-Verkauf gelten würde.

Am 13. Juni sollte Grasser dann „zufällig“ nahe dem Tagungsort der Expertenkommission „spazieren“ gehen. So habe man das vereinbart, wie Traumüller im U-Ausschuss sagte: So könnte man den Minister besonders schnell (offiziell) über das Ergebnis informieren.

•Das Penthouse:
Wenig hilfreich für Grasser sind auch Mutmaßungen, er könnte seine Luxus-Immobilie in der Wiener City zu ungewöhnlich guten Konditionen bekommen haben – und zwar, weil ein Zusammenhang mit der Buwog-Vergabe besteht. Der Vermieter, die damalige Wiener Städtische (heute: Vienna Insurance Group – VIG), erklärt, man habe keinerlei Vorteil aus dem Mietvertrag gezogen. Fest steht: Die Wiener Städtische war Teil jenes Konsortiums um die Immofinanz, das sich hauchdünn die Bundeswohnungen sicherte.

Wer hat Provision kassiert?

Es geht um viel, vor allem um viel Geld: Als Provision in der Buwog-Affäre kassierten Hochegger und Meischberger 9,9 Mio. Euro von der Immofinanz. Ob sie diese mit anderen teilten – etwa auch mit Grasser? Die Staatsanwaltschaft ermittelt, und auch der U-Ausschuss will es morgen genau wissen. Der Ex-Minister bleibt bisher dabei: Alles sei „rechtlich korrekt“ vor sich gegangen.

Auf einen Blick

Diese Woche wird der Korruptions-U-Ausschuss das Kapitel „Buwog“ abschließen. Am Dienstag sind dazu noch u.a. Ex-Finanzminister Grasser und sein Vertrauter Meischberger geladen. Ab Donnerstag wird es um weitere Immobilien-Deals gehen, etwa um die Einmietung der Finanz in den Linzer „Terminal Tower“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2012)

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