Großprotest gegen "Totengedenken" am Heldenplatz

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Jahrestag zum Ende des Zweiten Weltkriegs: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kommt nach heftiger öffentlicher Kritik "sicher nicht" zum Burschenschafterumzug auf den Heldenplatz. Auch Martin Graf fehlt heuer.

Wien/Apa/Uw. Am Dienstag wird der Heldenplatz wieder zur ideologischen Kampfzone. Geht es nach den Anmeldungen bei der Polizei, dann werden am Jahrestag des Endes des Nazi-Regimes bis zu 3500 Menschen auf dem historisch geladenen Gelände aufeinandertreffen: auf der einen Seite jene, die die Befreiung durch die Alliierten feiern. Auf der anderen Seite jene etwa 300 Burschenschafter, die alljährlich das „Totengedenken“ begehen.

Am frühen Abend, ab 19 Uhr, werden sie sich vor der Mölker Bastei sammeln und über Teinfaltstraße und Minoritenplatz Richtung Heldenplatz ziehen, wo vor der Krypta ein Kranz niedergelegt wird. Tradition ist dabei die „Totenrede“. Im Vorjahr hätte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei der Veranstaltung des Wiener Korporationsrings (WKR) sprechen sollen – er sagte nach heftiger öffentlicher Kritik knapp davor ab, angeblich wegen eines Reisetermins. Der Wiener Landtagsabgeordnete Wolfgang Jung sprang damals für ihn ein. Strache hatte davor schon einmal, 2004, bei der Veranstaltung gesprochen.

Keine „Politikerreden“

Heuer stand offenbar nicht einmal eine Teilnahme Straches zur Debatte – vielleicht, weil das PR-Debakel rund um Straches „Juden“-Sager auf dem WKR-Ball noch allzu gut in Erinnerung ist. Der FPÖ-Chef werde „sicher nicht“ dabei sein, sagt Martin Glier, Sprecher des FPÖ-Klubs. Man wehre sich außerdem generell gegen einen Zusammenhang zwischen der Veranstaltung und der FPÖ.

Auch ein anderer prominenter FPÖ-Politiker, der Dritte Nationalratspräsident und Mitglied der Burschenschaft „Olympia“, bleibt heuer fern: Martin Graf ist bei einem Termin in Südtirol. Auf den Heldenplatz kommen wird dagegen wieder der Wiener FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus. Die Rede soll diesmal kein Politiker, sondern ein Vertreter der Sudetendeutschen Landsmannschaft halten. „Da das keine politische Veranstaltung ist, haben wir davon abgesehen, Politiker sprechen zu lassen“, sagt Diether Podgorschek, WKR-Vorsitzender. Den Vorsitz im WKR hat diesmal die Akademische Grenzlandsmannschaft „Cimbria“.

Polizei verhängt Platzverbote

Mit bis zu 3000 Menschen weit größer als die Veranstaltung der Burschenschafter ist jedoch das Gegenevent der Plattform „jetzteinzeichensetzen“: Sie vereint die Israelitische Kultusgemeinde (IKG), NGOs, aber auch Wiener Grüne und SPÖ. Es soll eine Festveranstaltung – Anstoßen mit koscherem Sekt inklusive – zum Tag der Befreiung sein. Man will gegen das „Wehrmachtsgedenken“ der Burschenschafter protestieren, das Gedenken an tote Soldaten solle Privatsache sein. Kritisiert wird auch die Gestaltung des Heldenplatzes, vor allem die Skulptur des unbekannten Soldaten von Bildhauer Wilhelm Frass sowie das Faktum, dass die ausgestellten Gedenkbücher auch Namen von SS-Angehörigen beinhalten. Zu den Rednern zählen etwa IKG-Präsident Oskar Deutsch oder der Wiener Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ). Beginn ist um 16 Uhr. Ab 18 Uhr wird ein privater Demozug, der um 17 Uhr vor der Haupt-Uni startet, dazustoßen. Die Polizei reagiert – wie schon im Vorjahr – mit Platzverboten beim Heldenplatz und entlang der Routen dorthin. Zwischen den Veranstaltungen auf dem Heldenplatz selbst werde es einen „Korridor“ geben, da mit „Störfällen“ zu rechnen sei, so ein Polizeisprecher.

Veranstaltungen gibt es aber nicht nur auf dem Heldenplatz: Kanzler und Vizekanzler gedenken im Kongresssaal des Kanzleramts mit Festredner Paul Lendvai des Endes des Zweiten Weltkrieges. Und der Cartellverband und der Mittelschüler-Kartellverband laden zu einem Gottesdienst für die Opfer des Krieges in den Stephansdom.

Auf einen Blick

Heldenplatz-Streit: Heuer jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs am 8.Mai1945 zum 67.Mal. Der Wiener Korporationsring gedenkt auf dem Heldenplatz vor allem der gefallenen Soldaten. Die Plattform „jetzteinzeichensetzen“ kritisiert das „ewiggestrige Wehrmachts-und SS-Gedenken“ – und stellt die Befreiung vom Nazi-Regime in den Vordergrund.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2012)

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