Heinisch-Hosek: "Ein Gesamtpaket, nicht nur gemeinsame Obsorge"

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Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek nennt große Lösung als Bedingung für eine Vereinbarung mit der ÖVP. Bei der Einführung des Papa-Monats in der Privatwirtschaft wird die SPÖ-Politikerin "jetzt Gas geben".

Wien/Ett. Kommt es vor der Wahl 2013 noch zu einschneidenden Änderungen im Familienrecht? Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, die auf SPÖ-Seite zu diesen Themen die Verhandlungen führt, traut der Sache trotz der jüngsten Signale von Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) noch nicht. „Ich freue mich, dass Bewegung in die Sache kommen könnte“, stellt die Frauenministerin im Gespräch mit der „Presse“ klar. Zugleich betont die SPÖ-Politikerin aber: „Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser. Ich wünsche mir, den Gesetzesentwurf zu sehen. Dann bewerte ich, ob die Automatik weg ist.“

Justizministerin Karl hat zuletzt deutlich gemacht, sie wolle noch im Herbst ein Familienrechtspaket mit der SPÖ schnüren. In einem der umstrittensten Punkte signalisierte Karl außerdem Entgegenkommen: Im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Claudia Bandion-Ortner ist nicht mehr von einer „automatischen“ Obsorge für beide Elternteile im Trennungsfall die Rede. Die Justizministerin erläuterte, es gehe ihr darum, dass die Familienrichter Müttern und Vätern gemeinsam die Obsorge zuerkennen können. Eine „automatische“ Obsorge wurde von der SPÖ und der Frauenministerin bisher vehement abgelehnt.

Auch Namens- und Besuchsrecht

Heinisch-Hosek macht deutlich, dass es ihr nicht um die Obsorge allein gehe. „Das muss eine niet- und nagelfeste Lösung sein, die dem Wohl des Kindes dient.“ Für die Frauenministerin ist deswegen eine umfassende Neuregelung Bedingung. „Das ist kein kleines Paket.“ Für sie gehe es unter anderem auch um Änderungen beim Namens- oder Besuchsrecht. „Für mich ist das wirklich ein Gesamtpaket“, bekräftigt sie.

Gespräche mit Mitterlehner

Die Frauenministerin wird auch bei der Einführung eines Rechtsanspruchs für einen sogenannten „Papa-Monat“ in der Privatwirtschaft nicht locker lassen. Vorbild ist der öffentliche Dienst, wo es den Rechtsanspruch für Väter, nach der Geburt eines Kindes bis zu einem Monat daheimbleiben zu können, seit dem Vorjahr gibt. Heinisch-Hosek will diesbezüglich Gespräche mit Wirtschafts- und Familienminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) weiterführen. „Ich werde da jetzt Gas geben“, kündigt die Ressortchefin im Gespräch mit der „Presse“ an.

Es handle sich um einen Rechtsanspruch, damit Väter nach der Geburt eines Kindes einen „Papa-Monat“ in Anspruch nehmen dürfen. Das sei „kein großer Aufwand“, der aber für die Einbindung der Männer in die Kinderbetreuung große Wirkung habe.

Die Widerstände bei Wirtschaft und Industrie will die Frauenministerin nicht verstehen: Es sei nämlich keine Verpflichtung, dass männliche Mitarbeiter den Papa-Monat auch nützten. Für betroffene Väter bestünde aber ein Kündigungsschutz und eine sozialrechtliche Absicherung. Eine Variante wäre, dass der Papa-Monat statt des Kindergeldbezugs des Vaters am Ende der Karenz in Anspruch genommen wird.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.05.2012)

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