Fischer: "Politiker müssen bereit sein, Entscheidungen zu treffen"

Bundespräsident Heinz Fischer
Bundespräsident Heinz Fischer(c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)
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Bundespräsident Fischer bremst beim Ausbau der direkten Demokratie. Zur Causa Graf merkt er an: "Das tut man so nicht."

Bundespräsident Heinz Fischer wendet sich in der aktuellen Diskussion um einen Ausbau der direkten Demokratie gegen eine überschießende Regelung, was erleichterte Volksabstimmungen nach erfolgreichen Volksbegehren betrifft. Im Interview mit dem "Kurier" lehnt er eine Automatik ab, wo die parlamentarische Verantwortung übersprungen werden könne: "Ich habe Sorgen, dass man den Grundsatz durchbricht, dass Gesetze nicht zustandekommen, ohne dass das Parlament an ihrer Formulierung beteiligt war."

Überhaupt zeigt sich das Staatsoberhaupt skeptisch, was eine Aufwertung der Volksabstimmungen angeht, alleine weil die Politik schon jetzt darüber diskutiere, worüber überhaupt abgestimmt werden kann oder soll: "Die Bevölkerung würde mit Erstaunen registrieren, dass die von ihnen gewählten Parlamentarier darüber entscheiden, worüber die Wähler abstimmen dürfen und worüber nicht. Ich bin auf diese Liste schon neugierig", so der Präsident ungewohnt süffisant.

Gefordert sieht Fischer vielmehr die Politiker selbst. Diese sollten mehr Staatsmänner sein und Resultate liefern: "Sie müssen bereit sein, Entscheidungen zu treffen und diese nicht an ihre Auftraggeber, also die Wählerinnen und Wähler, zurückgeben."

Causa Graf: "Das tut man so nicht"

Deutliche Kritik übt der Bundespräsident am Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (F) wegen dessen Rolle als Vorstand der Stiftung einer 90-Jährigen. Dies sei ein typischer Fall, wo es nicht in erster Linie darum gehe, ob gegen eine Bestimmung des Strafgesetzes verstoßen worden sei, sondern um die Unterscheidung zwischen dem, was sich gehöre und was nicht: "In dem Fall hätte eine andere Vorgangsweise eine Selbstverständlichkeit sein müssen. Das tut man so nicht."

Einer Abwählbarkeit von Nationalratspräsidenten kann Fischer im Gegensatz zu ÖVP und Grünen offenbar wenig abgewinnen. Ein Parlamentspräsident brauche ein hohes Maß an Unabhängigkeit - auch von der eigenen Partei. Man sollte ihm nicht mit Abwahl drohen können, weil er Entscheidungen getroffen habe, die einer großen Fraktion nicht passen: "Umso wichtiger wäre es, bei der Auswahl der Parlamentspräsidenten mit größter Umsicht vorzugehen", so Fischer, selbst viele Jahre Nationalratspräsident.

(APA)

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