Zeitung hielt Scheuch für "Negermami": keine Entschädigung

KAERNTNER LANDTAGSWAHLKAMPF IM FASCHING: LH DOERFLER
KAERNTNER LANDTAGSWAHLKAMPF IM FASCHING: LH DOERFLERAPA
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Ein Medium behauptete, dass Scheuch hinter einer Verkleidung stand. Bildnisschutz genießt der Politiker laut OGH jedoch nicht - denn er war ja nicht auf dem Bild.

Es ist eine kuriose Geschichte, aber eine, die auch rechtlich von Belang ist. Im Mittelpunkt steht ein Zeitungsartikel, in dem der Kärntner Vize-Landeshauptmann irrtümlich zur „Negermami“ erklärt wurde. Juristisch spannend ist das Urteil, weil geklärt wurde, ob ein Bildnisschutz auch besteht, wenn man gar nicht im Bild ist.

Das Bild entstand beim Villacher Faschingsumzug im Jahr 2009. Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler ließ sich dabei in einer Pose ablichten, die nahelegt, dass er an der Brust eines schwarz geschminkten, als Frau verkleideten Mannes saugen möchte. Die Zeitung „Österreich“ war irrtümlich der Meinung, dass die dunklen Brüste dem verkleideten Uwe Scheuch, seines Zeichens Vize-Landeshauptmann, gehörten. Ein Jahr nach dem Umzug druckte sie das Bild vom Fasching mit den Worten ab „Politiker (großes Bild: Dörfler und Scheuch) und Besucher unterhielten sich beim Villacher Umzug 2009 bestens. Nach ,Negermami-Auftritt‘ 2009 sagt Dörfler heuer wegen Terminproblemen ab“. Tatsächlich war Scheuch nicht die dunkelhäutige Frau, der Mann mit den schwarzen Brüsten sah dem Vize-Landeshauptmann nur ähnlich.

Scheuch forderte, dass die Zeitung die Behauptung unterlassen soll, wonach er auf dem Foto abgebildet sei. Zudem soll sie ihn nicht als „Negermami“ bezeichnen. Überdies verlangte der Vize-Landeshauptmann tausend Euro Entschädigung. Schließlich habe er „in seiner politischen Stellung Würde und Ansehen zu wahren“. Er habe aber durch das Foto, auf das er mehrfach angesprochen wurde, immaterielle Nachteile erlitten.

Mit seinem Unterlassungsbegehren drang der Politiker quer durch alle Instanzen durch. Uneinig waren sich die Gerichte aber bei der Frage, ob Scheuch auch eine Entschädigung zusteht: Ja, meinte das Handelsgericht Wien. Das Oberlandesgericht Wien und schlussendlich der Oberste Gerichtshof (OGH) verneinten aber den Anspruch. Der OGH kam zum Schluss, dass die Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes hier nicht zur Anwendung gelangen. Der darin vorgesehene Bildnisschutz greife nämlich nur dann, wenn jemand selbst auf dem Bild zu sehen ist. Und Uwe Scheuch sei nun einmal nicht abgebildet. Daher könne es auch keine Entschädigung nach dem Urheberrechtsgesetz geben.

Dass aber die Unterlassungsklage durchgegangen ist, verdankt Scheuch der sehr allgemeinen Bestimmung des § 16 ABGB: Dieser legt fest, dass jeder Mensch „angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte“ hat. Dieser Persönlichkeitsschutz sei verletzt worden, wenn der Vize-Landeshauptmann zu Unrecht mit dem Foto in Zusammenhang gebracht wird, meinte der OGH. Scheuch versuchte auch, Schadenersatz nach dem ABGB zu erhalten. §1328 legt fest, dass jemand, der die Privatsphäre eines anderen verletzt, den dadurch entstandenen Schaden ersetzen muss. Allerdings: Die Teilnahme an einem öffentlichen Faschingsumzug zähle (etwa im Gegensatz zum Intimleben oder zur geschlechtlichen Orientierung) nicht zur Privatsphäre eines Menschen, urteilte der OGH. Daher greife auch der falsche Zeitungsbericht hier nicht in Scheuchs Privatsphäre ein – und es gebe keinen Schadenersatz (4 Ob 51/12x).

Bildnisschutz bei Karikaturen

Bemerkenswert sei die erstmalige Feststellung, dass der Bildnisschutz nicht greife, wenn man nicht selbst abgebildet ist, sagt im Gespräch mit der „Presse“ Anwalt Peter Zöchbauer, der „Österreich“ vertreten hat. In der Vergangenheit sei nämlich etwa bei Karikaturen der Bildnisschutz gewährt worden, auch wenn die Person dabei ja nie selbst abgebildet ist. Scheuch-Anwalt Michael Sommer betont, dass man Schadenersatz auch noch bei einem anderen Gericht und dort auf das Mediengesetz gestützt hätte einklagen können. Darauf habe man aber verzichtet, zumal das vorrangige Ziel die Unterlassungsklage war. Zudem habe „Österreich“ den Großteil der Prozesskosten zahlen müssen. Zöchbauer betont jedoch, dass die Zeitung wohl auch bei einer Klage nach dem Mediengesetz keine Entschädigung zahlen müsste: Denn das Faschingsfoto sei nicht ehrenrührig.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2012)

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