Eltern erzählen ihren Kindern 3000 „Lügen“

Alte Hits wie „viereckige Augen durch TV“ und „Geschenke nur für brave Kinder“ führen die Liste an.

Lügen haben angeblich kurze Beine. Diese werden aber offenbar mit der Zeit immer länger: Einer britischen Untersuchung zufolge erzählen Eltern ihren Kindern im Laufe deren jungen Lebens durchschnittlich 3000 Lügen. Überwiegend handelt es sich dabei allerdings nicht um kapitale Unwahrheiten, sondern um „kleine Lügen“, die als nicht ganz astreine Instrumente zur Durchsetzung elterlicher Erziehungsziele und zur Verteidigung von Regeln herhalten müssen.

Zu diesem Schluss kam „The Baby Website“ nach der Befragung von 3000 Eltern. So erzählen Eltern ihren Kindern besonders gern, dass das Christkind (bzw. der Weihnachtsmann) nur braven Kindern Geschenke bringt (84 Prozent), dass zu langes oder zu nahes Sitzen vor dem Fernsehapparat die Augen viereckig werden lässt (60 Prozent) oder dass der häufige Verzehr von Spinat besonders stark macht (48 Prozent).

Erstaunlich dabei: Obwohl sich viele Eltern demonstrativ vom Erziehungsstil ihrer eigenen Elterngeneration distanzieren, haben bestimmte „Mythen“ die Jahrzehnte offenbar unbeschadet überdauert. Denn die Mär vom selektiven Christkind, vom grünen Muskelmacher und dem augenschnittverändernden Fernsehapparat haben viele Mütter und Väter als Kinder ebenfalls schon zu hören bekommen.

Die meisten Kinderpsychologen schlagen bei der Vorstellung die Hände über dem Kopf zusammen, dass Eltern ihre Kinder sozusagen hintergehen, indem sie ihnen etwas anderes als die reine Wahrheit auftischen. Außerdem warnen sie Mütter und Väter davor, mit dieser Masche unglaubwürdig zu werden. Denn gleichzeitig erklären die meisten Eltern ja ihren Kindern, dass sie nicht lügen dürfen.

Ob Aussagen wie die oben genannten allerdings großen Schaden anrichten, darf bezweifelt werden – vor allem deshalb, weil sie laut den Studienverfassern spätestens ab dem Alter von acht Jahren ohnedies kaum ein Kind mehr glaubt. Problematischer verhält es sich da schon mit Unwahrheiten, die dem Kind etwa ein gestörtes Verhältnis zu seinem eigenen Körper vermitteln könnten, etwa die Warnung, dass kleinen Buben der Penis abfällt, wenn sie zu viel damit herumspielen. do

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2008)

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