Erwin Neumeister, Leiter der Rechtsabteilung im Wissenschaftsministerium, warnt vor fragwürdigen Uni-Angeboten aus dem Ausland. Ganz oben auf der „Watchlist“: Die Schweiz und der Kosovo.
Wien (bm). „Wichtig ist, immer genau nachzufragen: Woher kommt der akademische Grad eigentlich?“, empfiehlt Erwin Neumeister, Leiter der Rechtsabteilung im Wissenschaftsministerium, im Umgang mit fragwürdigen Titeln und Bildungsangeboten.
Viele private Bildungsinstitute werben mit Studien in Fernlehre oder mit „Campus-Kursen“. Dabei belegen die Studenten die Ausbildung zwar an einer Einrichtung in Österreich – den Abschluss verleiht aber eine ausländische Universität. „Das kann eine staatlich anerkannte Uni in England sein, aber auch eine nicht anerkannte Institution in Osteuropa.“
Neumeister sieht seit Jahren einen Trend zu Kooperationen zwischen privaten Bildungsinstituten in Österreich und fragwürdigen Einrichtungen im Ausland. Die Kursgebühren belaufen sich auf mehrere tausend Euro im Jahr. Dass der Abschluss dann auch anerkannt ist, wird durch das hohe Preisniveau keinesfalls garantiert: Als staatliche Universitäten gelten in Österreich nur öffentliche Unis, Privat-Unis und Fachhochschulen.
Wer einen akademischen Grad von einer ausländischen Uni erwirbt, darf diesen nur dann führen, wenn er von einer anerkannten Hochschule stammt. Vielen Teilnehmern unseriöser Programme sei das gar nicht bewusst.
Beratung im Ministerium
„Ein Großteil der Studenten in Kursen bei nicht anerkannten ,Unis‘ würde an staatlichen Universitäten wahrscheinlich gar nicht unterkommen“, schätzt Neumeister. Entsprechend ungeschickt wären die entsprechenden Personen oft im kritischen Umgang mit tertiären Bildungsangeboten.
Welche ausländischen Unis anerkannt sind, darüber urteilt das „National Academic Information Centre“ (NARIC) des Wissenschaftsministeriums. Wer auf fragwürdige Angebote in Zusammenarbeit mit nicht österreichischen Einrichtungen stößt, kann sich von NARIC beraten lassen. „Kataloge oder eine Watchlist unseriöser Anbieter führt das Ministerium aber keine, dafür gibt es zu viele davon“, so Neumeister; die Mitarbeiter hätten aber viel Erfahrung im Umgang mit Mogelpackungen.
Der Wildwuchs nicht anerkannter „Unis“ ist indes nicht auf Länder der früheren Sowjetunion beschränkt. Neumeister nennt etwa die Schweiz als „Risikoland“. Auch die 35 Privat-Unis des Kosovo dürften mit Vorsicht zu genießen sein.
Und wie viele Betroffene gibt es? Die Zahl der Österreicher, die an Kursen ausländischer Unis teilnehmen, könne nicht erhoben werden, die Anfragen beim Wissenschaftsministerium zu verdächtigen Studien steigen laut Neumeister aber seit einigen Jahren merklich an. Aufpassen sollte man auch bei der „Übersetzung“ von akademischen Graden: Ein rechtens erworbener „PhD“ darf auf keinen Fall einfach als „Dr.“ geführt werden oder umgekehrt.
„Selbst wenn der akademische Grad von einer anerkannten Hochschule stammt, darf er nur in der Form geführt werden, in der er verliehen wurde.“ Wer unberechtigt einen akademischen Grad führt – etwa einen selbst übersetzten oder einen, der von einer nicht anerkannten Hochschule stammt –, der macht sich strafbar.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2008)