Leitl will ins Außenministerium, dann in die Hofburg

Christoph Leitl
Christoph Leitl(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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ÖVP-Obmann Michael Spindelegger sucht einen Landwirtschaftsminister aus dem Westen, muss aber zunächst den Bauernbund ruhigstellen.

Wenn alles gut geht, wird die Wirtschaftskammer noch heuer einen neuen Präsidenten bekommen. Denn Christoph Leitl, Amtsinhaber seit 13 Jahren, hat einen neuen Karriereplan. Er wird, so hört man, nach vollbrachten Koalitionsverhandlungen in die Regierung wechseln: Als Wirtschaftsminister anstelle von Reinhold Mitterlehner, hieß es zunächst. Wahrscheinlicher ist aber, dass Leitl Außenminister wird und die Außenhandelsstellen der Wirtschaftskammer auf den Minoritenplatz mitnimmt.

Die Idee dazu soll von Leitl selbst stammen. Jene Parteifreunde, die ihm weniger wohlmeinend gegenüberstehen, behaupten sogar, der 64-Jährige diene sich ÖVP-Chef Michael Spindelegger seit einigen Wochen geradezu an, um diesbezüglich erhört zu werden. Wobei das Ministerium nur eine Zwischenstation zur Bundespräsidentschaft 2016 sein soll, Leitls eigentlichem Ziel. Als Sprungbrett in die Hofburg eignet sich ein Regierungsamt allemal besser als die Wirtschaftskammer, insbesondere das Außenministerium, in dem man sich als Staatsmann von Welt inszenieren kann. Dazu passt, dass auch Spindelegger eine Veränderung herbeisehnt. Er soll das Finanzministerium von Maria Fekter übernehmen, die ins Parlament abgeschoben würde, als Zweite Nationalratspräsidentin anstelle Fritz Neugebauers.

Als Indiz für diesen Spindelegger-Leitl-Plan wird die Zusammenstellung des ÖVP-Verhandlungsteams gewertet. Der Wirtschaftskammer-Chef wurde mit dem Kapitel „Wirtschaft, Arbeit, Landwirtschaft und ländlicher Raum“ betraut. Das gefällt nicht nur dem amtierenden Wirtschaftsminister nicht. Für die ÖVP-Bauern ist es sogar ein Affront, dass ausgerechnet Leitl, der auch Wirtschaftsbund-Präsident ist, den Agrarbereich verhandelt, während Bauernbund-Präsident Jakob Auer nur am Rande eingebunden wird.

Die Stimmung unter den Bauernbündlern sei „sehr schlecht“, erzählte ein Funktionär am Freitag. In den vergangenen Tagen soll es sogar mehrere Krisengespräche gegeben haben. Bestätigen wollte das aber niemand.

Der Ärger richtet sich einerseits gegen Spindelegger, von dem sich die ÖVP-Bauern übergangen fühlen, und andererseits gegen Auer, dem sie vorwerfen, ihren Bund innerparteilich und auch öffentlich nicht vehement genug zu vertreten. „Wenn man bei der Nationalratswahl ein Drittel der Parteistimmen bringt, in den Koalitionsverhandlungen aber keine Rolle spielt, dann ist das nicht nur frustrierend – da stimmt etwas nicht“, sagt ein Insider.

Sorgen bereiten den Bauernbündlern auch Gerüchte, wonach das Landwirtschafts- dem Wirtschaftsministerium eingegliedert werden könnte. Der Hintergrund: Die Regierung will auch bei sich sparen und daher zwei Ministerien einsparen. Wahrscheinlich ist, dass die SPÖ in ihrem Zuständigkeitsbereich das Gesundheits- mit dem Sozialministerium fusioniert. Aber was macht die ÖVP?

Das Agrarressort ist jedenfalls selbst für einen Michael Spindelegger, der aus dem Arbeitnehmerbund ÖAAB kommt, tabu, sofern er weiterhin ÖVP-Chef bleiben will. Alles andere würde entweder er oder die Partei nicht überstehen. Außerdem soll Spindelegger das Landwirtschaftsministerium schon der neuen Westachse in der ÖVP versprochen haben. Sprich: Der nächste Agrarminister wird entweder aus Salzburg, Tirol oder Vorarlberg kommen.

Allerdings wird noch ein passender Politiker gesucht. Zuletzt wurde Bauernbund-Direktor Johannes Abentung(ehemals Sektionschef im Agrarministerium) ins Spiel gebracht. Für ihn sprechen: Fachwissen, Netzwerk, Ehrgeiz und Herkunft, denn der 53-Jährige stammt aus Tirol. Abentungs Nachteil ist, dass er nicht gerade als großer Kommunikator von sich reden machte.

thomas.prior@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.10.2013)

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