Mit einem „Sommerevent“, einer Regierungsklausur und dem Start der Parteireform will die ÖVP wieder in Tritt kommen.
Eine gewisse, ideologiegeschichtlich nicht leicht erklärbare Affinität zu österreichischen Seen im Besonderen und zu Schifffahrten im Speziellen ist der Bundes-ÖVP nicht abzusprechen. Zumindest zu Sommerzeiten. 2012 war es der Mondsee, im Vorjahr der Traunsee, diesmal muss der Neusiedler See für einen „Sommerevent“ der Vizekanzlerpartei die Kulisse abgeben.
ÖVP-Chef Michael Spindelegger ruft für den 21. August das Spitzenteam der Bundespartei rund um sich – Regierungsmitglieder, Klubchef, Zweiter Nationalratspräsident, Generalsekretär. Auch EU-Kommissar Johannes Hahn ist zumindest angefragt.
Dass keinesfalls eine parteiinterne Krisensitzung Grund der Dienstfahrten in das Burgenland sein kann (was nicht heißt, dass die ÖVP in keiner Krise wäre), zeigt die Absenz der Landeshauptleute. Der wahlkämpfende Franz Steindl ist auch nur Vizelandeshauptmann in Eisenstadt und als „Hausherr“ bei dem Treffen gesetzt. Vor allem aber wird auch der bürgerliche EU-Held Othmar Karas erwartet. Immerhin hat er es geschafft, den schwarzen Funktionären nach vielen entbehrungsreichen Jahren wieder ein Gefühl dafür zu geben, dass auch bei einer bundesweiten Wahl für die ÖVP die Nummer eins noch möglich ist.
Der Schwung nach der Europaparlamentswahl im Frühjahr war für die ÖVP ja rasch verflogen. Bei den Megathemen Hypo und Steuerreform konnte Spindelegger als Finanzminister keine spielentscheidenden Punkte machen. Die ÖVP will nun wieder Fahrt bekommen. An der Stelle, wo fast auf den Tag genau vor 25 Jahren das Paneuropäische Picknick mit einer Kurzzeit-Öffnung der Grenze zu Ungarn stattfand (inkl. Massenflucht von DDR-Bürgern), will sich die ÖVP als Europapartei in Erinnerung rufen.
Danach geht es in die tiefrote Freistadt Rust, wo traditionell alljährlich Bürgermeister Michael Häupl mit seiner Wiener SPÖ Hof hält, pardon in Klubklausur geht. Spindelegger und die Seinen werden – erraten – bei einer Bootsfahrt mit Journalisten versuchen, gute Stimmung für die ÖVP zu machen. (Schwere) inhaltliche Kost ist bei diesem Setting eher nicht zu erwarten. Sommer, wir wissen es. Das Publikum liegt am Strand, Pool – oder eben am See.
Zu Beginn der Schule (in Ostösterreich) und des Herbstes (meteorologisch), am 1. September also, trifft sich dieselbe Besetzung in Wien zu einer Klausur des ÖVP-Regierungsteams. Dabei werden Themen und Strategien am Beginn einer langen Reihe von schwierigen Landeswahlgängen im Mittelpunkt stehen. Nur drei Tage später, am 4. September, erfolgt die Kick-off-Veranstaltung des fast schon wieder in Vergessenheit geratenen Projekts „Evolution Volkspartei“. Unter Oberhoheit von Generalsekretär Gernot Blümel soll die ÖVP reformiert werden – strukturell und thematisch. Nicht auszuschließen, dass dieser Prozess für ÖVP-Politiker turbulenter und schmerzhafter verlaufen wird als mancher Wahlabend 2014/2015.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)