„Krone“ lässt ÖVP-Werte schmelzen

(c) APA (Harald Schneider)
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Nervosität bei den Schwarzen. Meinungsforscher rät, sich zur Wehr zu setzen.

In der ÖVP breitet sich Panik aus: Tagtäglich wird sie von der Zeitung mit dem weltweit höchsten Verbreitungsgrad gedroschen, während parallel dazu Faymann-Festspiele stattfinden. Der EU-Kniefall der SPÖ vor dem „Krone“-Herausgeber zeigt die erwünschte Wirkung: vom Lobhudel-Interview bis in die Leserbriefe hinein. Wie darauf reagieren?

Peter Ulram vom ÖVP-nahen Meinungsforschungsinstitut Fessel-GfK, meint, dass es für die Schwarzen keine Alternative gibt, als sich zur Wehr zu setzen. Die „Krone“ werde die ÖVP ohnehin weiter prügeln, bis sie am Boden liege. Und schließlich sollte es ein Minimum an Selbstachtung in einer Partei geben. Aber gibt es das? Bei Hans Dichand verlässt die meisten schwarzen Politiker der Mut – sogar in jenen Ländern, wo die Macht der „Krone“ dank lokaler medialer Platzhirsche beschränkt ist. 20 Prozent der erwachsenen Österreicher lesen keine andere Zeitung als das Massenblatt. Ulram schätzt, dass sich zwei bis vier Prozent der Wähler dank „Krone“ bewegen lassen und ortet bereits Auswirkungen: Die ÖVP liegt in seinen Umfragen fast gleichauf mit der SPÖ, bisher hatte sie immer deutlich die Nase vorn. Diese drei Prozentpunkte Verlust führt er in erster Linie auf die „Krone“-Kampagne zurück.

Da sucht man parteiintern schnell nach Schuldigen. Josef Pröll habe in der ORF-„Krone“-Story so windelweich geantwortet, um der einzige schwarze Darling der Zeitung zu bleiben – und nach einer Niederlage Wilhelm Molterer beerben zu können, tönt es aus der Partei. Im Pröll-Büro wird beides wütend zurückgewiesen. Außerdem sei man selbst kürzlich in die Schusslinie des Blattes geraten.

Zuletzt fand immerhin ÖVP-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein in der „Presse“ deutliche Worte: Es könne nicht sein, dass eine Zeitung den Kanzler mache.

Mittwochabend legte Raiffeisen-Generalsekretär Ferry Maier (Platz drei auf der Wiener ÖVP-Landesliste für die Wahl) in einem Wiener Innenstadtlokal vor Jung-Schwarzen ein Schäuferl nach. Unter dem Titel „Wer ist Faymann?“ nutzte er US-Wahlkampfmethoden und trat mit Pappkameraden in Lebensgröße auf: Werner Faymann sowie Hans Dichand. Der „Krone“-Herausgeber habe sich vom Medieninnovator zum Mediendiktator gewandelt, kritisierte Maier dort. Er sei nicht mehr Sprachrohr der Bürger, sondern diktiere ihnen die Meinung. Und Faymann? Der sei nicht ohne Dichand denkbar. Unlustig für die ÖVP: Das ist eine Allianz, die direkt ins Kanzleramt führen kann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2008)

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