Wie Mitterlehner Faymann den Kanzler rettete

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Reinhold Mitterlehner kam Werner Faymann in der Steuerdebatte entgegen. Aus Angst vor Christian Kern.

Die Geschichte ist noch einmal gut ausgegangen. Für Werner Faymann, weil er wesentliche Teile seiner Partei mit der Steuerreform – vorläufig – ruhiggestellt hat. Und für Reinhold Mitterlehner, weil ihm Werner Faymann als Kanzler und SPÖ-Chef erhalten geblieben ist.

Wobei das von ÖVP-Seite durchaus gewollt war. Den Wunsch nach Vermögensteuern konnte man der SPÖ zwar aus Gründen der Glaubwürdigkeit nicht erfüllen. Aber ein paar Zugeständnisse wie die Erhöhung der Grunderwerbssteuer, den höheren Spitzensteuersatz und die Registrierkassenpflicht habe man dann doch machen müssen. Machen wollen. Denn Mitterlehner, erzählen ÖVP-Politiker nun, hätte großes Interesse daran gehabt, dass Werner Faymann bleibt. Oder besser: Dass Christian Kern verhindert wird.

Denn die ÖVP hat Respekt vor dem ÖBB-Generaldirektor, wenn nicht sogar ein bisschen Angst. Der 49-jährige Kern genießt höchstes Ansehen in der schwarzen Reichshälfte und stünde – obwohl nur sechs Jahre jünger als Faymann – für eine andere, modernere Art der Politik. Abgesehen davon, dass ein Wechsel an der Spitze noch jeder Partei einen Aufschwung gebracht hat. Wie man am Beispiel Mitterlehner wieder einmal gesehen hat.

Und so warnte der ÖVP-Chef während der Steuerreform-Verhandlungen intern: In einem Jahr, in dem vier Landtagswahlen zu schlagen sind, könne man keinen Kanzlerwechsel brauchen. Daher müsse man Faymann leben lassen. An ihm könne man sich in den Wahlkämpfen abarbeiten, bei einem Neuen wäre das schwieriger. Außerdem habe Mitterlehner neben Faymann bisher keine schlechte Figur gemacht, wie die Umfragen zeigen.

In der SPÖ war zwischenzeitlich tatsächlich über Faymanns Ablöse diskutiert worden. Wie ernst die Lage war, zeigte ein Radiointerview von Nationalratspräsidentin Doris Bures kurz vor Weihnachten, in dem sie – wohl nach Rücksprache mit dem Kanzlerbüro – dem ÖBB-Chef das Zeug für die Politik absprach. Die heftigen Reaktionen darauf, unter anderem von Ex-Kanzler Franz Vranitzky, schienen die Spekulationen nur zu bestätigen. Darüber hinaus kokettierten gewichtige Sozialdemokraten öffentlich mit Kern.

Am Ende gab es zwei Rettungsringe für Faymann: Seine Kontakte zu einigen Medien, allen voran zur „Kronen Zeitung“, die ihn nach wie vor stützt. Und eben den Steuerkompromiss, der jene Landeshauptleute, die heuer zur Wahl stehen, zufriedengestellt hat.

Es würde nicht verwundern, wenn etwa Hans Niessl heute in Oberwart beim Wahlkampfauftakt seiner Landespartei erwähnen würde, dass die SPÖ der ÖVP eine Arbeitnehmerentlastung im Ausmaß von fünf Milliarden Euro abgetrotzt hat. Dass die Gegenfinanzierung alles andere als gesichert ist und Vermögensteuern, die für die SPÖ lange Zeit eine Conditio sine qua non gewesen waren, gegen Verhandlungsende einfach unter den Tisch fallen gelassen wurden, tut da nichts zur Sache.

Die Ironie der Geschichte ist, dass Faymann von der Steuerreform profitiert hat, Mitterlehner aber nicht. Im jüngsten APA/OGM-Vertrauensindex, der am Freitag veröffentlicht wurde, hat sich der Kanzler deutlich verbessert, während der Vizekanzler sogar ein wenig verloren hat. Mitterlehner, analysierte OGM-Chef Wolfgang Bachmayer, leide unter den Protesten der Wirtschaft. Insgesamt liegt er aber immer noch deutlich vor Faymann.

E-Mails: thomas.prior@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.04.2015)

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