Interner Gegenwind bei den Wiener Grünen

PARTEIENGESPR�CHE SP� - GR�NE IM WIENER RATHAUS: PRACK / VASSILAKOU / ELLENSOHN
PARTEIENGESPR�CHE SP� - GR�NE IM WIENER RATHAUS: PRACK / VASSILAKOU / ELLENSOHN(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Landessprecher Georg Prack bekommt Konkurrenz – Parteirebell Joachim Kovacs tritt im November gegen ihn an.

Eigentlich sollte die Stimmung bei den Grünen ganz gut sein: Nach kurzem Schwitzen durften sie sich doch darüber freuen, dass die SPÖ sich dazu entschloss, Koalitionsverhandlungen mit ihnen – und nicht mit der ÖVP – aufzunehmen. Heute beginnen die Gespräche.

Das Herumkritteln liegt den Grünen aber dann doch irgendwie im Blut: Während sich die Parteispitze geeint gibt – und Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou trotz ihres angekündigten Rücktritts tatkräftig als Spitzenkandidatin weiter unterstützen will –, brodelt die Unzufriedenheit an der Basis. In den Bezirken ist man mit dem Wahlergebnis von 11,84 Prozent alles andere als zufrieden und findet vielfältige Gründe für die Niederlage am 11. Oktober: Die einen nennen die bereits im Vorfeld viel kritisierte Plakatkampagne als Grund – sie soll jener der Neos zu ähnlich gewesen sein und die falschen Themen angesprochen haben. Die anderen glauben, mit der falschen Spitzenkandidatin ins Rennen gegangen zu sein – und so mancher macht die SPÖ verantwortlich und spricht von „geborgten“ Stimmten, die die SPÖ den Grünen durch ihre offene Flüchtlingspolitik und das heraufbeschworene Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Häupl und Strache weggenommen haben soll. Veränderung müsse her, meinen viele.

Und so kommt es, dass Landessprecher Georg Prack Konkurrenz bekommt – sein bei den Grünen enorm wichtiger Posten wird beim Landesparteitag Mitte November neu vergeben. Gegen ihn tritt diesmal Joachim Kovacs an. Der Parteiobmann der Grünen Ottakring gilt als Rebell in der Partei – und scharfer Kritiker der SPÖ.

Er holte bei der Wahl in seinem Bezirk 17,03 Prozent, legte 0,73 Prozentpunkte zu und ist stolz darauf. Er twitterte am 13. Oktober: „Es gibt genau eine Partei, die bei allen der letzten 6 Wahlen, in #Ottakring WählerInnen dazugewonnen hat: Die Grünen.“ Kovacs fuhr trotz des ernüchternden Ergebnisses seiner Partei auf Gemeindeebene das bisher beste Bezirksergebnis überhaupt ein, holte 823 Vorzugsstimmen – 2010 waren es rund halb so viele gewesen. Kovacs ist Leistungssportler, er spielt Tennis – und hat einen ziemlichen Zug zum Tor, verlieren ist nicht sein Ding. Es wird gemunkelt, dass er nun seiner Partei zeigen möchte, wie Gewinnen geht. Und Kovacs ist mit Sicherheit keiner, mit dem es eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis geben wird – schon im März plädierte er für die Auflösung der Koalition, als der Grüne Mandatar Şenol Akkılıç zur SPÖ wechselte, kritisierte mehrmals den „roten Filz“ und die angebliche Postenschacherei der SPÖ.

Als Ziel für die Verhandlungen haben die Grünen formuliert, die Inseratenpolitik der Stadt sowie das Wahlrecht ändern zu wollen. Dass die SPÖ darauf einsteigt, ist nicht zu erwarten. Sollten die Grünen diesbezüglich klein beigeben, um eine Koalition zustande zu bringen, wird der 31-jährige Tenniscoach Joachim Kovacs wohl einer der schärfsten Kritiker seiner eigenen Partei werden – und spricht dabei wohl vielen Parteikollegen aus der Seele, die lieber in Opposition gehen würden, als sich von der SPÖ unterjochen zu lassen.

E-Mails an: anna.thalhammer@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.10.2015)

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