Dichand setzt jetzt auf die Prölls

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Liebesentzug für Werner Faymann: Dessen enge Zusammenarbeit mit dem „Krone“-Konkurrenzblatt „Österreich“ könnte daran schuld sein.

Kleine Meldung, große Wirkung: Kanzler Werner Faymann scheint bei seinem „Wahlonkel“ Hans Dichand in Ungnade gefallen zu sein, die „Krone“ wendet ihre Gunst neuerdings den beiden Prölls, Erwin und Josef, zu.

In einer Vorabmeldung zu „Live“, das freitags der „Krone“ beiliegt und stets von einem Interview mit dem Herausgeber gekrönt ist, wurde Dichand gestern mit folgenden Worten zitiert: „Als Journalist, der ja noch so intensiv bei seiner Beschäftigung als Zeitungsherausgeber auch leise Strömungen im politischen Geschehen unseres Landes wahrnehmen sollte, meine ich zu spüren, dass die große Wendung kommen könnte, die ich für Österreich erwarte, nämlich, dass beide Prölls, der eine als Bundeskanzler, der andere als Bundespräsident, an der Spitze des Staates stehen.“ Eine Einschränkung gibt es in Sachen Hofburg: Er sähe Erwin Pröll gern als Bundespräsidenten, „falls der jetzige auf eine neue Kandidatur verzichten sollte“, so Dichand. Weiß er mehr als alle anderen? Denn eigentlich geht man bei Rot und Schwarz fix davon aus, dass Heinz Fischer wieder zur Wahl antritt. Und für diesen Fall ist es total unwahrscheinlich, dass Landeshauptmann Erwin Pröll in den Ring steigt. Ihn reizt das Amt, aber das Risiko einer Wahlniederlage gegen einen starken Gegner würde er dafür nicht in Kauf nehmen.

Mit echtem Liebesentzug Dichands muss hingegen Faymann leben. Gut möglich, dass daran das exzessive Inserieren der roten Reichshälfte im Konkurrenzblatt „Österreich“ schuld ist. Hinter den Kulissen haben sich die Sozialdemokraten anscheinend auch dafür starkgemacht, „Österreich“ an den Subventionstropf des staatlichen KMU-Konjunkturpakets zu hängen. Ein Expertengutachten machte die Hoffnung des Herausgebers Wolfgang Fellners vorläufig zunichte. Er begründet seinen Finanzengpass mit einer geplanten neuen Wirtschaftsbeilage und hat einen zweiten Antrag gestellt.Formal liegt die Letztentscheidung bei Finanzminister Josef Pröll.


Ganz so schnell wie ein neues Staatsoberhaupt kann sich die „Krone“ aber keinen neuen Kanzler „basteln“: Der Präsident steht im kommenden Frühjahr zur Wahl, ein neuer Nationalrat wird hingegen regulär erst 2013 gewählt. Das Kanzlerbüro reagiert gefasst: Werner Faymann sei nie der „Krone“-Kanzler gewesen, als der er immer gegolten habe, sagt seine Sprecherin. Eine Dichand-Unterstützung ist für Politiker aber Goldes wert, siehe Einzelkämpfer Hans-Peter Martin: Der Krone-EU-Kandidat sitzt ohne echten Wahlkampf nun als drittstärkste „Partei“ Österreichs im EU-Parlament.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2009)

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