In Oberösterreichs Landesregierung spitzt sich der Konflikt um Einfluss nach dem Abschied von Landeshauptmann Josef Pühringer zu.
Das kam Oberösterreichs Landeshauptmann, Josef Pühringer, so ungelegen wie ein grippaler Infekt im Sommer: Der seit 1995 amtierende ÖVP-Landeschef versuchte, die Causa daher als „Spekulation“ vom Terrassentisch zu wischen. Die „Oberösterreichischen Nachrichten“ hatten am vergangenen Samstag mit dem Bericht über den drohenden Abgang von Wirtschaftslandesrat Michael Strugl als Nachfolger von Leo Windtner als Generaldirektor der Energie AG 2017 die Landespolitik in Linz aus dem Spätsommeridyll aufgescheucht.
Es ist dies vorläufiger Schlusspunkt eines Machtkampfs für die Nach-Pühringer-Ära um dessen Finanzressort zwischen Strugl und dem schwarzen Kronprinzen, Vizelandeschef Thomas Stelzer. Vor dem Auftakt für die Herbstarbeit versucht die ÖVP, den offen ausgetragenen Konflikt wegzureden. Stelzer gilt als designierter Pühringer-Erbe. Das dürfte aber noch dauern, weil erst 2021 wieder gewählt wird. So setzt der schwarze Langzeitlandeschef im September gerade eine Serie von Bürgermeisterstammtischen in den Bezirken fort, auf Bundesebene mischt er maßgeblich bei den Verhandlungen um den Finanzausgleich mit.
Strugl erhob schon vor Wochen mit Unterstützung von Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl und der Industriellenvereinigung Anspruch auf die Finanzkompetenzen, um sein Ressort deutlich aufzufetten. Stelzer hingegen reklamiert die Finanzen für sich. Allgemein gilt, dass sich ein (künftiger) Landeshauptmann seine Agenden aussucht. Für den Fall gilt der Abgang von Wirtschaftslandesrat Strugl, einem maßgeblichen Mitbetreiber der schwarz-blauen Koalition in Oberösterreich, aus der Landesregierung in Richtung Energie AG als wahrscheinlich.
In Linz tauchte inzwischen noch eine andere Personalvariante auf: Nachdem Pühringer ohnehin nicht vor 2017/18 zurücktritt, könnte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner, ein Mühlviertler, in der Bundesregierung Außenminister Sebastian Kurz vor der Nationalratswahl 2018 Platz machen und als Landeshauptmann nach Linz übersiedeln. Mitterlehner hat allerdings schon früher Ambitionen auf den Landeshauptmannposten im „Hoamatland“ in Abrede gestellt.
Außerdem verspüre Kurz, wie es in Koalitionskreisen in Wien heißt, derzeit wenig Lust, den Mitterlehner-Job in der Regierung zu übernehmen und damit direktes Visavis von Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern zu werden. Die Zeit spricht vorerst für den Verbleib Mitterlehners in seinen Funktionen. Die ÖVP dümpelt zwar in Umfragen nur rund um die 20-Prozent-Marke herum, aber solange keine Nationalratswahl oder wichtige Landtagswahl unmittelbar vor der Tür steht, verhalten sich die maßgeblichen ÖVP-Landesobleute ruhig.
Für Pühringer sind die Unruhe und das Störfeuer im Regierungsteam aus einem zweiten Grund unangenehm. Schließlich gab es schon viel Häme, weil nach der Landtagswahl 2015 kein Platz für eine Frau in der Landesregierung war. Ex-Landesrätin Doris Hummer ist mittlerweile Wirtschaftsbund-Obfrau. Die SPÖ stellt seit Juli mit Birgit Gerstorfer immerhin ein weibliches Regierungsmitglied. Hummers Rückkehr ins schwarze Regierungsteam gilt dennoch als unwahrscheinlich. Sie könnte aber im Herbst interimistisch ÖVP-Klubchefin werden, da Amtsinhaberin Helena Kirchmayr ein Baby erwartet und sich voraussichtlich drei Monate Pause nimmt.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2016)