Wien: Migranten-Liste könnte zur Wahl antreten

Eine Migrantenliste fuer Ekici
Eine Migrantenliste fuer Ekici
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Das Aus für VP-Mandatarin Sirvan Ekici dürfte einen alten Plan aktivieren: eine eigene Migranten-Liste für bürgerliche türkischstämmige Wiener. Ekici soll die Liste anführen.

Das Gerücht kursiert schon lange, ausgerechnet die parteiinternen Probleme bei der Erstellung der VP-Liste könnten es nun wahr werden lassen: Dass nämlich bei der Wien-Wahl eine eigene Migranten-Liste antritt. Konkreter: Dass eine eigene Liste für bürgerliche türkischstämmige Wiener antritt. Und noch konkreter: Dass VP-Gemeinderätin Sirvan Ekici eine solche Liste anführt.

Denn sie droht von der Liste der Wiener ÖVP zu fliegen. Endgültig entschieden werden die Kandidaten zwar erst morgen, Mittwoch, durch den Landesparteivorstand, aber aus der Partei ist zu hören, dass ein Fix- beziehungsweise ein Nachrückplatz im Falle einer Regierungsbeteiligung kaum mehr möglich ist, da alle schon vergeben seien.

Verwunderte bürgerliche Moslems

In der moslemischen Community, in der die junge türkischstämmige Ekici gut vernetzt ist, herrscht auf jeden Fall Aufregung. Dort wird die Gründung einer eigenen „bürgerlichen“ Migranten-Liste diskutiert. Birol Kilic, Unternehmer und Obmann der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich, bestätigt, dass es solche Überlegungen gibt: „Wir wurden darüber informiert, dass Frau Ekici womöglich nicht mehr antreten darf.“ Mehrere andere Vereine, die ein Aus von Ekici nicht verstünden, hätten sich an ihn gewandt. Immerhin stehe sie für eine andere, weltlichere Türkei, sie sei kritisch gegenüber der Glaubensgemeinschaft, was viele wichtig fänden. Sollte sie tatsächlich nicht mehr für die ÖVP antreten dürfen, würde er sie unterstützen, so sie eine eigene Liste gründen wolle: „Das würden wir ihr nahelegen.“

Cinar Söze steht dem Verein der Absolventen der österreichischen Schule in Istanbul (St. Georgskolleg) vor. Auch er bestätigt, dass es Überlegungen für eine eigene Liste gebe: „Davon hab ich gehört, ja.“ Er betont, sich nicht in die Politik der Volkspartei einmischen zu wollen, gibt aber zu bedenken, dass gerade Ekici mit ihren Kontakten dafür sorge, dass ein anderes Bild von Moslems in der Öffentlichkeit transportiert werde. Gerade bei vielen weltlich und liberal denkenden Türken in Wien habe sie es geschafft, „eine gewisse Sympathie“ für die ÖVP zu wecken. Es habe auch eine Veranstaltung in Räumlichkeiten der Partei gegeben, die mit Sözes Verein ausgerichtet wurde.

Druckmittel gegen Marek?

Kilic, der eine Monatszeitung namens „Yeni Vatan Gazetesi“ („Neue Heimat Zeitung“) mit der deutschsprachigem Beilage „Einspruch“ herausgibt, betont vor allem, dass es in der türkischen Gemeinde viele gebe, die die Vermischung von Politik und Religion in der Islamischen Glaubensgemeinschaft kritisch sähen. Nachsatz: „Ich erwarte mir noch offenere und deutlichere Worte von Frau Ekici.“

Oder ist die Aktion nur eine Drohkulisse, um VP-Chefin Christine Marek zu einer Vorreihung Ekicis zu bewegen? Die Betroffene will dazu nichts sagen: „Ich rede erst mit Christine Marek.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 6. Juli 2010)

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