Die Grünen haben das Volksbegehren geentert, die SPÖ tut sich schwer damit.
Egal wie erfolgreich das seit Monaten mit viel Getöse angekündigte Bildungsvolksbegehren sein wird, für die SPÖ ist es kein Ruhmesblatt. Galt es parteiintern anfangs – also vor einem Jahr –, mittels Abgrenzung zum Ex-Hoffnungsträger der Partei, Volksbegehrensinitiator Hannes Androsch, sicherzustellen, dass dieser auch SPÖ-ferne Einrichtungen wie die Industriellenvereinigung und Parteien wie die Grünen ins Boot holen kann, wurde die Distanz dann real.
Als Androsch im Sommer dieses Jahres merkte, dass die Zustimmung zu seinem Zwölf-Punkte-Programm – das er wegen seiner vielfältigen Unterstützer stark verwässern musste – nicht so groß ist wie erhofft, ging er in die Offensive. Er verschärfte seine mediale Kritik an der Regierungspolitik. Und damit in erster Linie jene an Unterrichtsministerin und Parteikollegin Claudia Schmied. Als er die Regierung im „Presse“-Interview als Blockierer bezeichnete und ihr „fehlendes Interesse an Bildungspolitik“ attestierte, reichte es manchen in der SPÖ.
Angesichts des Erfolgs, den Schmied zu diesem Zeitpunkt mit dem zuvor von der ÖVP blockierten Ausbau der Neuen Mittelschule feierte, kamen die Zwischenrufe mehr als ungelegen. Dass ausgerechnet ein früherer SPÖ-Politiker der Ministerin bei der medialen Vermarktung des neuen Schultyps in die Parade fuhr, nahmen ihm nicht wenige in der Partei übel. Dass die Begeisterung der Bevölkerung für das Volksbegehren zeitgleich eher ab- als zunahm, kommentierte man da nicht ohne Süffisanz: Androsch habe mit dem Start seines Begehrens wohl schlicht zu lange gewartet.
Dafür haben die Grünen nun das Volksbegehren geentert, wie ein hochrangiger Mandatar lächelnd erzählt. Von Eva Glawischnig abwärts geht so ziemlich jeder Mandatar der Grünen öffentlich unterschreiben und lädt die Medien zum Kameratermin.
Das führt in der SPÖ nun doch zu leichtem Ärger: Vor allem in der Wiener Landespartei weist man darauf hin, wie sinnlos die Reibereien zwischen Schmied und Androsch gewesen seien. Und: Werner Faymann und die Bundespartei hätten sich deutlicher hinter Androsch stellen sollen. Dass diese Unterstützung vom Kanzler zögerlich bis gar nicht kommt, hat einen einfachen Grund: Der Kanzler ist nicht sicher, ob und wie sich die Androsch-Initiative weiterentwickelt. Soll heißen: ob das Androsch-Begehren nicht eine „unguided missile“ ist, wie es heißt. Und nichts fürchtet Werner Faymannmehr als Kontrollverlust.
In der SPÖ wird nun fieberhaft daran gearbeitet, die Initiative doch noch als eigenen Erfolg zu verkaufen – und zwar unabhängig vom Ausgang des Volksbegehrens. Ein grobes Konzept hat man sich dafür bereits zurechtgelegt: Kann Androsch eine große Anzahl an Unterschriften einfahren, will man sich selbst in letzter Minute doch noch als wichtigster Unterstützer präsentieren – nicht umsonst haben Schmied und Michael Häupl bereits unterschrieben.
Floppt das Bildungsvolksbegehren, wird die Argumentationslinie einfach angepasst: Dann werde man, heißt es aus der Partei, darauf verweisen, dass „die Menschen mittlerweile bemerkt hätten, dass die SPÖ-geführte Regierung in Bildungsfragen doch etwas weiterbringe“.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2011)