Kärntner Wahlkampf: 'An Peinlichkeit kaum zu überbieten'

ExLandeschefs Peinlichkeit kaum ueberbieten
ExLandeschefs Peinlichkeit kaum ueberbieten(c) APA/AP (Montage: DiePresse.com)
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Die früheren Landeshauptmänner Zernatto und Ambrozy kritisieren im Interview mit DiePresse.com verquere Werbeaktionen und Stronachs "Oberflächlichkeit". Ihre Hoffnungen setzen sie auf "das andere Kärnten".

Eine Ära der Verblendung, an Peinlichkeiten kaum zu überbieten, kurzum: Ein Land, das um seinen Ruf kämpft. Es sind alles andere als positive Worte, die den früheren Landeshauptmännern Christof Zernatto (ÖVP) und Peter Ambrozy (SPÖ) zum heutigen, zum "freiheitlichen" Kärnten einfallen. Potenzial gebe es, sagen zwar beide im Gespräch mit DiePresse.com. Skandale und Negativ-Schlagzeilen würden aber überwiegen - leider. Bei der Landtagswahl am 3. März seien daher die Bürger aufgerufen, eine Veränderung herbeizuführen.

Seit der mittlerweile verstorbene Jörg Haider vor 14 Jahren das Landeszepter an sich genommen habe, das seit 2008 sein Nachfolger Gerhard Dörfler in Händen hält, "ist die Fähigkeit zur konstruktiven Zusammenarbeit abhanden gekommen", kritisiert Zernatto. "Parteipolitik wurde wichtiger als Landespolitik." Ambrozy stimmt zu: "Unter Haider hat eine Verschwendungs- und Verblendungsära eingesetzt, die zu dem geführt hat, was Kärnten heute ist: Ein Land, das um seinen Ruf kämpft."

"Sozialdemokratie und Geldadel - passt nicht"

Der Reigen an Skandalen, der zur Ruinierung des Rufs beigetragen hat, ist lang: Die Part-of-the-game-Affäre um Ex-FPK-Chef Uwe Scheuch, die Causa Birnbacher, die Ungereimtheiten um das Schloss Reifnitz von Milliardär Frank Stronach oder das EM-Stadion bilden dabei nur die Spitze des Eisberges. "An Peinlichkeit kaum zu überbieten" sind für Zernatto "die Werbeaktivitäten von Stefan Petzner (BZÖ) und Kurt Scheuch (FPK)" - eine Anspielung auf das orange Wahlkampfvideo, das Landespolitiker in eine Reihe mit Diktatoren stellt, sowie auf einen öffentlichen Brief Scheuchs an den verstorbenen Landeschef Haider.

Ambrozy stößt sich an den politischen Windungen Gerhard Köfers. Der Spittaler Bürgermeister wechselte von der SPÖ zum Team Stronach, dessen Spitzenkandidat er nun ist. "Wenn er Charakter hätte, würde er das Amt zurücklegen", so der bis dato letzte rote Landeschef Kärntens. "Sozialdemokratie und Geldadel passen nicht zusammen."

An Milliardär Frank Stronach ärgert Ambrozy dessen politische "Oberflächlichkeit": "Sein Programm ist eine Aneinanderreihung von Schlagwörtern." Und: "Er hat in Kärnten nichts von dem eingehalten, was er versprochen hat. Er hat sich Schloss Reifnitz unter den Nagel gerissen, mit dem Versprechen, dort ein Hotelzentrum zu bauen. Nichts ist geschehen. Für mich ist Stronach eine einzige Enttäuschung." Zernatto pflichtet bei: "Mich stört der offensichtliche Anspruch, sich mit Geld eine Partei und ein politisches Vertretungsmandat kaufen zu können."

Nicht charismatisch? "Das ist Standard"

Der Blick auf die Politiker aus den eigenen Reihen fällt wenig überraschend weitaus milder aus. "Peter Kaiser ist der Garant für eine geradlinige, ehrliche Politik. Ich bin davon überzeugt, dass er der richtige Landeshauptmann für Kärnten wäre", streut Ambrozy dem SP-Spitzenkandidaten Rosen. Dass diesem vorgeworfen wird, nicht charismatisch zu sein, lässt der Altpolitiker nicht gelten: "Solche Vorwürfe sind ja schon fast Standard." Jedenfalls werde die SPÖ bei der Landtagswahl am 3. März den ersten Platz vor den Freiheitlichen erobern.

Die Vorfälle der vergangenen Jahre hätten dem Image der Volkspartei zugesetzt, räumt Zernatto ein. "Ich glaube aber, dass der klare Trennungsstrich, den Parteichef Gabriel Obernosterer gezogen hat - sowohl nach Innen, als auch nach Außen - sehr glaubwürdig einen Neubeginn signalisiert hat." Er sei daher überzeugt, "dass die ÖVP auch in der nächsten Regierung vertreten sein wird".

Ein Land mit "Erfolgspotenzial"

Einig sind sich die beiden Ex-Landeshauptmänner darin, dass nach der Wahl "ein Programm für Kärnten" erstellt werden müsse. Das Wohl des Landes sollte wieder in den Vordergrund rücken. Derzeit sei es nämlich so, dass man "als Kärntner sein Bundesland verteidigen muss", ärgert sich Ambrozy.

"Es gibt auch 'das andere Kärnten'", wehrt sich Zernatto gegen den Vorwurf, Kärnten sei nichts, außer korrupt. "Es gibt fleißige und sympathische Menschen, eine erfolgreiche Industrie, eine einmalige Landschaft - mit einem Wort: Ein Land, das Erfolgspotenzial hat."

Zu den Personen

Peter Ambrozy wurde am 20. August 1946 geboren. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien, arbeitete in der Kärntner Landesregierung als Sekretär von SP-Landeshauptmann Leopold Wagner, war Direktor des Kärntner Landtagsamtes sowie Landesparteisekretär der SPÖ. In den Jahren 1988 und 1989 war er Landeshauptmann von Kärnten. 2005 kehrte Ambrozy der Politik den Rücken. Seit 1997 fungiert er als Präsident des Roten Kreuzes in Kärnten.

Christof Zernatto wurde am 11. Juni 1949 geboren. Er studierte Rechtswissenschaften an der Universität Graz. Danach folgten unter anderem Tätigkeiten als Steuerberater in Salzburg und Deutschland sowie als Marketing- und Vertriebsleiter der Marmeladenfabrik Pomona. 1989 wurde er Landesparteiobmann der ÖVP Kärnten, von 1991 bis 1999 übernahm er den Posten des Landeshauptmannes. 2002 legte Zernatto seine politischen Funktionen nieder, seither ist er als Unternehmensberater tätig.

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