Die verheerende Nahost-Bilanz des George W. Bush

(c) Reuters (Larry Downing)
  • Drucken

Die militanten Kräfte um Iran, Hamas und Syrien sind auf der Siegerstraße. Die „arabische US-Achse des Guten“ zerbröselt.

Es sollte der späte Triumph des scheidenden US-Präsidenten im Nahen Osten werden. Ein letzter großer Nahost-Gipfel, mit dem George W. Bush in dem von Krisen zerrütteten Nahen Osten noch einmal das Ruder herumreißt. So war die Zusammenkunft im ägyptischen Badeort Sharm-El-Sheikh vor Wochen angekündigt worden: als letzter Push von Bush, sozusagen.

Am Ende war dieser Bush-Push noch nicht einmal ein zartes An-stupsen. Israels Premier Ehud Olmert schickte nur seine Außen- und Verteidigungsminister. Und der arabische Empfang für Bush verlief kühl. Der Gastgeber, der ägyptische Präsident Hosni Mubarak, wollte sich nicht einmal zusammen mit Bush einer Pressekonferenz stellen. Zu verärgert ist die arabische Seite über Bushs Reden zum 60.Geburtstag Israels, in denen er zwar viel über die iranische Atom-Drohung geredet, aber kaum ein Wort über die Palästinenser verloren hatte.

Die Rolle des ehrlichen Maklers nimmt dem US-Präsidenten niemand ab. Die Israelis schonen und bauchpinseln ihn. Für die Araber hatte er in Sharm El-Sheikh Mahnungen parat: Reformiert euch und haltet euch von Iran und Syrien fern, lautete die Botschaft. Die Bilanz von acht Jahren Bush in der Region ist verheerend. Zwei Kriege in Afghanistan und Irak, die bis heute kein Ende gefunden haben, und eine neue Front gegen Iran und Syrien. Die Bush-Regierung hat alles darauf gesetzt, den Nahen Osten zu polarisieren. Die „Achse der Guten“ (Ägypten, Saudi Arabien, Jordanien, Libanons Regierung) steht in den Augen Washingtons gegen die „Achse des Bösen“ mit dem Iran, Syrien, der palästinensischen Hamas und der libanesischen Hisbollah.

Moderate im Regen

Washington glaubt ernsthaft, die „Bösen“ isolieren zu können. Doch auch jene Araber, die eine friedliche Lösung mit Israel suchen, lassen die USA im Regen stehen. Wie können die Moderaten den Militanten entgegentreten, wenn es keine Fortschritte im Friedensprozess gibt?

Die Radikalen wegzaubern zu wollen, aber gleichzeitig den Moderaten nichts anzubieten, ist eine tödliche Kombination. Denn die letzten Runden hat die „Achse des militanten Widerstands“ gewonnen. In den palästinensischen Gebieten hatte die Hamas zunächst die Wahlen gewonnen, worauf Bush sie boykottierte und damit alle arabischen Demokratiebewegungen in eine Glaubwürdigkeitskrise stürzte. Vergangenen Sommer hat die Hamas dann den Gazastreifen auch noch militärisch übernommen. In nur einer Woche waren die Fatah-Organisation von Präsident Abbas besiegt.

Ähnliches ereignet sich jetzt im Libanon. Seit über einem Jahr ist das Land zwischen der US-unterstützten Regierung und einem von der Hisbollah angeführten Oppositionsbündnis im Orbit von Teheran und Damaskus gespalten. Zuletzt ließ die Opposition kurz einmal ihre Muskeln spielen. Über 50 Tote später hat sich das Kräfteverhältnis zu ihren Gunsten verschoben. Denn schnell war klar, dass die prowestliche Regierung der Hisbollah auf der Straße wenig entgegenzusetzen hat.

Libanons Premier Fuad Siniora hat die Botschaft rechtzeitig akzeptiert. Nun suchen die verfeindeten Lager im Golfemirat Katar nach einer politischen Lösung. Und es zeichnet sich ab, dass sich die Opposition durchsetzt. Die Hisbollah besteht darauf, dass einem Drittel des Parlaments ein Vetorecht gegen Entscheidungen der Regierung eingeräumt wird. Damit würde die Schiitenmiliz sicherstellen, dass ihre Entwaffnung endgültig vom Tisch ist.

Washington muss also zusehen, wie seine Verbündeten eine Niederlage nach der anderen einstecken. Ob Hamas, Hisbollah oder der Iran: Sie alle befinden sich nach acht Jahren Bush-Regierung auf der Gewinnerstraße.

AUF EINEN BLICK. Gipfel in Sharm el-Sheikh

US-Präsident Bush nahm am Wochenende im ägyptischen Badeort Sharm el-Sheikh an einem Wirtschaftsforum teil. Es war nicht der Gipfel der letzten Friedenschance, zu dem das Treffen stilisiert worden war. Viele Nahost-Staatsspitzen blieben fern. Bush forderte zwar in Sharm el-Sheikh spürbare Opfer von Israel im Nahost-Friedensprozess, die Araber sehen in ihm aber keinen ehrlichen Makler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.05.2008)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.