Israel bereitet Bodenoffensive vor

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Israels Luftwaffe überrascht die Islamistenorganisation Hamas mit massiven Luftangriffen. Die radikale Palästinenserorganisation droht mit einer Welle von Selbstmordanschlägen.

JERUSALEM/GAZA (Reuters/red.). Pausenlos rollten Luftangriffe, Bodeneinheiten marschierten an der Grenze zu den Palästinensergebieten zwischen Israel und Ägypten auf: Es ist die größte Offensive gegen den Gazastreifen seit dem Sechstagekrieg 1967, die Israel am Wochenende gestartet hat. Allein bis Sonntag - also in den ersten 24 Stunden der Offensive - starben fast 260 Menschen. Israels Luftwaffe hatte zunächst Kasernen und andere Einrichtungen der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas bombardiert. Auch der Polizeichef der Hamas soll den Angriffen zum Opfer gefallen sein.

Am Sonntag wurden mehrere Tunnel zwischen dem Gazastreifen und Ägypten durch Luftangriffe und Beschuss zerstört. Kurz darauf rissen Bewohner des Gazastreifens Grenzsperren nieder und drangen auf ägyptisches Gebiet ein. Die ägyptische Polizei gab Warnschüsse ab und verhinderte so, dass noch mehr Menschen nach Ägypten flüchteten.

„Keine Besetzung von Gaza"

Israels Verteidigungsminister Ehud Barak kündigte am Sonntag eine Ausweitung der Militäraktion an. Der israelischen Bevölkerung müsse klar sein, dass der Einsatz nicht leicht und kurz sein werde. „Es gibt Zeiten der Ruhe und Zeiten des Kampfes - jetzt ist die Zeit zum Kämpfen gekommen." Barak schloss auch den Einsatz von Bodentruppen nicht aus. Und am Sonntag wies auch alles darauf hin, dass sich Israel tatsächlich auf einen Bodenkrieg vorbereitet. Die Regierung beschloss die Einberufung von 6500 Reservisten, an der Grenze zum Gazastreifen wurden Panzer zusammengezogen.

Die Wiederbesetzung des von der Hamas kontrollierten Gebietes schloss Israels Außenministerin Tzipi Livni jedoch aus. Und beteuerte, es sei nicht Absicht Israels, die Hamas-Regierung zu stürzen. „Zumindest noch nicht jetzt."

Die Regierung in Jerusalem sieht in dem Militärschlag die Antwort auf den Raketenbeschuss israelischer Städte aus dem Gazastreifen. Erst kürzlich ist eine sechsmonatige Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ausgelaufen, die zum Teil aber ohnehin nur auf dem Papier bestanden hatte. Israel hatte sich noch unter Premier Ariel Scharon 2005 einseitig aus dem Gazastreifen zurückgezogen und seine Siedlungen in diesem Gebiet geräumt. Vor eineinhalb Jahren übernahm die islamistische Hamas im Gazastreifen die Macht und vertrieb die Fatah von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas.

Libanons Hisbollah macht mobil

Israels Offensive ist nun ein neues Kapitel der Gewalt in Gaza. Und die Lage droht weiter zu eskalieren: Die Hamas schwor bereits Rache und drohte mit Selbstmordattentaten. Und auch die libanesische Schiiten-Miliz Hisbollah macht mobil: Er habe seine Männer angewiesen, wachsam zu sein und sich auf einen möglichen Waffengang mit Israel vorzubereiten, sagte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah. Israel sei ein „krimineller Feind" und könnte erneut gegen den Libanon losschlagen, so Nasrallah. „Niemand kennt das Ausmaß der Verschwörung."

Irans geistlicher Führer Ayatollah Ali Khamenei rief Muslime in aller Welt zum Kampf gegen Israel auf: „Wer bei der Verteidigung der schutzlosen Frauen und Kinder im Gazastreifen ums Leben kommt, ist ein Märtyrer." Proteste gab es in vielen arabischen Ländern. Jordanische Abgeordnete verbrannten eine israelische Fahne.

Der UN-Sicherheitsrat in New York forderte ein rasches Ende der Gewalt im Gazastreifen. Und die USA riefen Israel dazu auf, zivile Opfer zu vermeiden. Zugleich übten sie jedoch massive Kritik an der Hamas: Die Islamistenorganisation müsse ihre Angriffe auf Israel stoppen und jede Unterstützung des Terrors beenden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.12.2008)

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