Israel schiebt Gaza-Hilfsaktivisten ab

Der Hilfsfrachter Tali
Der Hilfsfrachter Tali(c) EPA (Edi Israel)
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Eine Gruppe Libanesen und Syrer wollten 60 Tonnen Hilfsgüter in den blockierten Gazastreifen bringen. Die Hilfsaktion stelle eine "Provokation" dar, argumentiert Israel.

Die israelischen Behörden haben am Freitag eine Gruppe von Personen abgeschoben, die mit dem unter togolesischer Flagge fahrenden Frachter "Tali" 60 Tonnen Hilfsgüter für die notleidende palästinensische Bevölkerung in den blockierten Gazastreifen bringen wollten. Unter den festgenommenen und abgeschobenen Menschen befand sich der 86-jährige griechisch-katholische Erzbischof Hilarion Capucci, Ehrenmitglied des Palästinensischen Nationalrates. Die 15 Libanesen und Syrer an Bord des Frachters wurden in ihre Heimatländer ausgewiesen. Zwei Inder und ein Brite blieben vor ihrem Heimflug zunächst noch in Polizeigewahrsam. Der Frachter war am Donnerstag vor der Küste des Gazastreifens gestoppt und in den israelischen Hafen Ashdod gebracht worden.

Die israelischen Behörden erklärten, sie seien besorgt gewesen, das Schiff, das in Zypern Zwischenstation gemacht hatte, könne in der libanesischen Hafenstadt Tripoli auch Waffen geladen haben. Die Hilfsaktion stelle eine "Provokation" dar. Es wurde veranlasst, rund 1000 Blutkonserven schnell zu entladen und in den Gazastreifen zu schicken. Weitere Versorgungsgüter würden untersucht und dann ebenfalls nach Gaza geschickt, sagte Militärsprecher Peter Lerner.

Scharfe Angriffe aus Beirut

Die libanesische Regierung hat das Vorgehen der israelischen Marine scharf verurteilt. Ministerpräsident Fouad Siniora erklärte in Beirut, "diejenigen, die unschuldige Menschen massakriert haben", ließen sich auch nicht daran hindern, "vor den Augen der Welt ein Schiff mit humanitären Hilfsgütern anzugreifen". Die französische Regierung drückte ihr "Bedauern" über das israelische Vorgehen aus. Frankreich habe sich dafür eingesetzt, dass das Schiff den Gazastreifen erreichen könne, erklärte der Quai d'Orsay. Bevor israelische Soldaten das Schiff enterten, wurde es nach Angaben von Augenzeugen beschossen. Die Marine habe dreimal auf das Schiff geschossen, berichteten Reporter des libanesischen Fernsehens und des Senders Al-Jazeera an Bord.

Erzbischof Capucci war in Israel in den 1970er-Jahren als melkitischer Patriarchalvikar von Jerusalem unter dem Verdacht des Waffenschmuggels für die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) verhaftet und zu einer langjährigen Gefängnisstrafe verurteilt hatte. Der aus Syrien stammende Würdenträger wurde nach zahllosen internationalen Protesten auf Intervention von Papst Paul VI. freigelassen und des Landes verwiesen. Er wurde dann von Papst Johannes Paul II. zum Apostolischen Visitator der melkitischen Gemeinden in Europa und Amerika ernannt.

(Ag.)

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