Nahost: 9.240.000.000.000 Euro seit 1991 vernichtet

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Seit 1991 kosteten die Konflikte im Nahen Osten die Wirtschaft über neun Billionen Euro. Das Pro-Kopf-Einkommen in der Region könnte fast doppelt so hoch sein.

Während Medien im Zusammenhang mit Kriegen und Konflikten eher von Todesopfern und Zerstörung berichten, hat eine Expertenkommission in akribischer Forschungsarbeit die sogenannten Opportunitätskosten der Konflikte im Nahen und Mittleren Osten ermittelt und ausgewertet. Demgemäß belaufen sich die entgangenen Erlöse - die dadurch entstehen, dass vorhandene Möglichkeiten, eben Opportunitäten, zur Nutzung von Ressourcen nicht wahrgenommen werden - im Nahen Osten seit 1991 auf 12 Billionen Dollar (9,24 Billionen Euro). Dies berichtet die Strategic Foresight Group (SFG), ein in Indien beheimateter Think Tank.

Der Bericht beansprucht für sich, erstmals eine umfassende Bewertung der Kosten verschiedener Konflikte im Nahen Osten anhand von 97 unterschiedlichen Parametern erstellt zu haben: von den sozialen, psychologischen und wirtschaftlichen Kosten bis hin zu den Umweltkosten.

Opportunitätskosten

Opportunitätskosten sind die Kosten entgangener Möglichkeiten. Streng betrachtet sind es keine Kosten sondern Nicht-Erträge. Ein einfaches Beispiel:

Man hat 1000 Euro zur Verfügung und könnte sie auf ein Sparbuch mit vier Prozent Zinsen legen. Das würde 40 Euro pro Jahr Zinsertrag bringen.

Legt man das Geld aber statt dessen unter den Kopfpolster, so bekommt man diese 40 Euro nicht, ergo: man hat 40 Euro Opportunitätskosten.

Doppeltes Pro-Kopf-Einkommen möglich

Wenn der Konflikt im Nahen Osten im Jahre 1991 zu Zeiten des Friedensprozesses von Madrid gelöst worden wäre, würden fast alle Familien in der arabischen Welt sowie in Israel das doppelte Pro-Kopf-Einkommen im Vergleich zu heute genießen, ist der Studie zu entnehmen. So würde beispielsweise das Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Irak mehr als fünfmal so hoch sein wie die für 2010 vorhergesagten 59 Milliarden Dollar.

Auch die Umweltkosten sind markant. Während des ersten Golfkriegs 1991 wurden 10 Millionen Barrel (15.898.400 hl) Öl ins Meer und 45 Millionen Barrel in die Wüste Kuwaits gegossen. In einem künftigen Krieg entspräche dies laut SFG der weltweiten Öllieferung eines halben Tages. Außerdem könnte ein künftiger Konflikt im Nahen oder Mittleren Osten mehr Kohlendioxid-Emissionen verursachen als ein industrialisiertes Land wie z.B. Großbritannien.

100 Millionen Arbeitsstunden gewartet

Das palästinensische Volk hat laut SFG seit dem Jahr 2000 über 100 Millionen Arbeitsstunden durch das Warten an Kontrollpunkten zwischen Ramallah und Jerusalem verloren. Gegenwärtig befinden sich über 11.000 Palästinenser in israelischen Gefangenenlagern. Die Arbeitslosigkeit in Gaza hat durch die Aussetzung von 95 Prozent der industriellen Tätigkeit über 50 Prozent erreicht, und das schon vor dem israelischen Angriff im Dezember 2008.

Auch die humanitären und psychologischen Kosten Israels sind nach den SFG-Berechnungen beträchtlich: Seit dem Jahr 2000 fanden über 34.000 Raketenangriffe auf das Land statt. In Angriffen auf Cafés, Schulen und Busse haben im gleichen Zeitraum fast 1000 israelische Bürger und 123 Minderjährige ihr Leben verloren. Über 90 Prozent der Israelis leben Umfragen zufolge in Angst vor Anschlägen.

Dem Bericht zufolge würde ein umfassendes Friedensabkommen etliche Projekte ermöglichen. Dazu zählen Gasverträge, Eisenbahnlinien und der viel diskutierte Kanal zwischen dem Roten und dem Toten Meer. Alle Länder in der Region würden außerdem durch einen Frieden von wirtschaftlichen Vorteilen profitieren. Diese betrügen jährlich pro israelischem Haushalt 4429 Dollar, pro ägyptischem Haushalt 500 Dollar und pro jordanischer Familie 1250 Dollar.

(APA/Red.)

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