Die Entwicklungs-Minister fordern die sofortige Öffnung der Grenzen, damit Hilfsgüter und -personal zur notleidenden Bevölkerung gelangen können.
Die Europäische Union hat Israel aufgefordert, die Grenzübergänge zum palästinensischen Gazastreifen zu öffnen. Es müssten mehr Lastwagen und kommerzielle Güter sowie Hilfspersonal in das zum Teil schwer zerstörte Gebiet gelassen werden, erklärten die EU-Entwicklungshilfeminister laut einer Mitteilung zum Abschluss des informellen EU-Entwicklungshilferates am Freitag in Prag. Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft wies auf die Gaza-Hilfskonferenz hin, die in Ägypten stattfinden soll.
Nach bisherigen Schätzungen sind durch die dreiwöchige israelische Militäroffensive gegen die Hamas im Gazastreifen Schäden von bis zu 1,5 Milliarden Euro entstanden. Nach UNO-Angaben starben dabei mehr als 1300 Palästinenser, annähernd 5000 wurden verwundet. Die Lage der Bevölkerung wird als unerträglich beschrieben. Nach Angaben der UNO brauchen inzwischen 1,2 Millionen der 1,5 Millionen Einwohner Lebensmittelhilfe. Ein großes Problem bei der Verteilung der Hilfsgüter sind neben der durch die israelische Offensive zerstörten Infrastruktur auch die vielen Blindgänger. Die EU hatte zuletzt 32 Millionen Euro Soforthilfe für den Gazastreifen bereitgestellt.
Französische Hilfskräfte behindert
Frankreich hat Israel beschuldigt, die Lieferung einer Wasseraufbereitungsanlage in den Gazastreifen verhindert zu haben. Zwar seien wichtige Hilfslieferungen in das Palästinensergebiet gelassen worden, sagte ein Sprecher des Außenministeriums in Paris. "Aber aus Gründen, die wir uns nur schwer erklären können, durfte die Aufbereitungsanlage nicht eingeführt werden." Der israelische Botschafter wurde in dieser Angelegenheit ins Außenministerium zitiert, jedoch ohne Erfolg. Die Anlage werde nun nach Frankreich zurückgebracht, teilte der Quai d'Orsay mit. Die Palästinenser im Gazastreifen benötigten dringend sauberes Wasser, betonte der Sprecher.
Die französische Regierung zitierte bereits am Mittwoch den israelischen Botschafter ins Außenamt. Die israeliche Armee habe am Dienstag Warnschüsse auf einen Konvoi mit französischen und anderen EU-Diplomaten abgegeben und die Diplomaten sechs Stunden am Grenzübergang Erez festgehalten, hieß es. Sieben Menschenrechtsorganisationen in Israel beantragten eine Untersuchung wegen menschenunwürdiger Behandlung von Hamas-Mitgliedern während der israelischen Militäroffensive im Gazastreifen.
Österreich will Hamas einbinden
Österreichs Botschafter in Belgien und bei der Nato, Karl Schramek, befürwortet die Einbindung der Hamas in den Nahost-Friedensprozess. Schramek erklärte am Freitag auf Anfrage der APA, er sei "überzeugt, dass weder in der aktuellen Lösungssuche in Gaza noch in dem Bemühen um einen dauerhaften Frieden zwischen Israel und den Palästinensern ohne Einbindung der zu zumindest 50 Prozent in der palästinensischen Bevölkerung verankerten Hamas irgendwelche Fortschritte erzielbar" seien. Alle Versuche, die Hamas zu isolieren oder gar zu zerstören, hätten sich "als Illusion erwiesen und die Organisation im Gegenteil bloß weiter gestärkt", erklärte der frühere österreichische Botschafter in Damaskus.
Vor Schramek hatten sich drei ehemalige Diplomaten und führende Nahost-Experten, der Franzose Yves Aubin de la Messuzière, der Brite Jeremy Greenstock und der US-Amerikaner Robert Malley, für Verhandlungen mit der Hamas ausgesprochen. Alle Bemühungen, die Hamas auszugrenzen, seien offenkundig fehlgeschlagen, erklärten sie. Die dreiwöchige israelische Offensive habe vielmehr die Hamas politisch gestärkt. Ägyptische Diplomaten hatten während des jüngsten Besuches des US-Nahostgesandten George Mitchell die Befürchtung ausgedrückt, dass die Hamas der Fatah von Präsident Mahmoud Abbas weiter den Rang ablaufen werde, solange keine Konfliktlösung in Sicht sei, die das Selbstbestimmungsrecht der Palästinenser in den Grenzen von 1967 berücksichtigen würde. Israels Gaza-Offensive habe die angeschlagene Autorität der Fatah-Regierung im Westjordanland weiter geschwächt, wenn nicht vollends zerstört.
(Ag.)