Hamas verlangt sofortige Aufnahme in PLO

Die Hamas reagiert mit der Forderung auf die jüngste Erklärung von Palästinenser-Präsident Abbas, der die Anerkennung seiner Autorität zur Vorbedingung von Verhandlungen gemacht hat.

Die im Gazastreifen herrschende Hamas fordert eine sofortige Reform der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) und verzichtet in diesem Fall auf Pläne für eine "neue Struktur" zur Vertretung des palästinensischen Volkes. "Wir verlangen die unverzügliche Umsetzung der 2005 getroffenen Vereinbarungen zur Umgestaltung der PLO und zur Integration der Hamas und des Islamischen Jihad", sagte Hamas-Sprecher Osama Hamdan am Montag in Beirut. Die Hamas reagierte damit auf die jüngste Erklärung von Präsident Mahmoud Abbas, der die Anerkennung seiner Autorität zur Vorbedingung von Verhandlungen gemacht hat.

Die 1987 gegründete Hamas ("Bewegung des Islamischen Widerstandes") steht ebenso wie die extremistische Gruppe "Islamischer Heiliger Krieg" (Jihad Islami), die für die "Zerstörung" Israels kämpft, außerhalb der Palästinensischen Befreiungsorganisation, die von der Fatah von Präsident Abbas angeführt wird. Die international als legitime Vertretung der Palästinenser anerkannte PLO ist völkerrechtlich der Vertragspartner Israels im Oslo-Prozess. Der Machtkampf zwischen der Fatah und der Hamas, die 2006 die allgemeinen Wahlen gewonnen hatte, führte 2007 zur Trennung von Westjordanland und Gazastreifen: Die Hamas übernahm die alleinige Kontrolle über den Gazastreifen. Abbas löste daraufhin die Hamas-geführte Einheitsregierung von Premierminister Ismail Haniyeh auf und setzte im Westjordanland ein Notstandskabinett unter Salam Fayyad ein. Zuletzt hatte Abbas, dessen reguläre vierjährige Amtszeit am 9. Jänner endete, auf der Gipfelkonferenz der Arabischen Liga in Kuwait die Hamas zur Bildung einer neuen Regierung der nationalen Einheit aufgerufen.

Die Europäische Union hat Abbas zur Versöhnung mit der Hamas gedrängt. Der Sondergesandte des sogenannten Nahost-Quartetts (USA, UNO, EU, Russland), der britische Ex-Premier Tony Blair, hat sich ausdrücklich für eine Rolle der Hamas im Friedensprozess ausgesprochen. Ägypten will in Kürze eine palästinensische Versöhnungskonferenz organisieren. Dabei soll über die Bildung einer "Regierung der nationalen Verständigung", die Abhaltung von Präsidenten- und Parlamentswahlen und die Reform der Sicherheitskräfte, aber auch über die von der Hamas geforderte Umgestaltung der PLO beraten werden. Nach Angaben aus ägyptischen Regierungskreisen soll die Konferenz am 22. Februar in Kairo beginnen.

Für den ägyptischen Staatschef Hosni Mubarak ist die Aussöhnung zwischen den verfeindeten Palästinenserorganisationen die Voraussetzung für die Öffnung der Grenzübergänge zum Gazastreifen. Die ägyptische Nachrichtenagentur MENA meldete am Montag, bei einem kurzfristig anberaumten Treffen zwischen Mubarak, dem saudiarabischen Außenminister Prinz Saud al-Faisal und dem palästinensischen Präsidenten in Kairo sei es daher vorrangig um den von Ägypten angeregten neuen Dialog zwischen Fatah und Hamas gegangen. Erst wenn es ein "gemeinsame Position der Palästinenser" gebe, sei es möglich, eine dauerhafte Waffenruhe und eine Öffnung der Grenzübergänge zu erreichen sowie den Friedensverhandlungen mit Israel "neues Leben einzuhauchen", hieß es nach dem Gespräch.

Ägypten will den Grenzübergang Rafah, der die Sinai-Halbinsel mit dem Gazastreifen verbindet, erst dann wieder öffnen, wenn dort Vertreter der Verwaltung von Abbas und EU-Beobachter stationiert sind. Die Hamas soll damit dem Vernehmen nach prinzipiell einverstanden sein. Angeblich hat die Islamisten-Partei aber gefordert haben, die Fatah-Vertreter sollten aus dem Gazastreifen kommen und nicht aus dem Westjordanland geschickt werden.

Bei einem israelischen Luftangriff im Gazastreifen ist am Montag ein Palästinenser getötet worden. Wie Ärzte und Augenzeugen mitteilten, wurden bei dem Angriff in Rafah zudem vier Menschen verletzt. Der Luftangriff zielte auf ein Fahrzeug, in dem Mitglieder der sogenannten Volkswiderstandskomitees saßen, einer kleinen radikalen Palästinensergruppe. Ein israelischer Armeesprecher bestätigte den neuerlichen Angriff.

(Ag.)

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