Grün gegen Blau: Das Match um Platz drei

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Strache oder Van der Bellen – das ist die Frage. Umfragen sehen die FPÖ in der Favoritenrolle.

WIEN. Die Frage ist ja, in welche Richtung es nach den nächsten Nationalratswahlen gehen soll. Ein Stück weit nach links? Nach rechts? Soll der Vizekanzler Van der Bellen heißen – oder doch Strache? Es sind die Grünen, die das von Österreich wissen wollen, sie werden ihre Wahlkampf-Taktik auf diese eine Frage konzentrieren. Denn darum gehe es im Wettstreit um Platz drei, sagen sie. In der linken Spielhälfte haben sie selbst Aufstellung genommen, sie wollen mehr Umverteilung und mehr Europa. In der rechten Hälfte: die Blauen, der Hauptfeind, der alles will, was die Ökos nicht wollen. Wer also holt den Titel, wer wird zum „Königsmacher der Nation“?

Die FPÖ geht mit zwei Toren Vorsprung ins Match, vielleicht sind es auch schon drei oder vier. Denn aktuelle Umfragen sehen sie bei 20 Prozent, die Grünen hingegen bei 15. Gemeinsam mit ihrem Spaltprodukt BZÖ kämen die Freiheitlichen sogar jener Marke nahe, die Jörg Haider 1999 erreicht hat, nämlich 27 Prozent.

Die Roten laufen zu Blau über

Die heutige Situation ist mit der damaligen durchaus vergleichbar: Der Dauer-Infight der Großen Koalition hat der FPÖ die Protestwähler zugetrieben. Die Frustrierten kommen vor allem aus der roten Ecke. Es sind die Arbeiter aus dem Gemeindebau, es sind die Pensionisten, die sich vom sozial-nationalen Heimatlied angesprochen fühlen, das Parteichef Heinz-Christian Strache und seine Kameraden intonieren. Dass die blauen Töne mitunter ziemlich undifferenziert sind, scheint nebensächlich zu sein: Die EU ist urgemein, die Politikerkaste unfassbar abgehoben, weil nur mehr auf Privilegien aus. Und die nicht-europäischen Migranten sind die Bösen („Daham statt Islam“), weil sie unseren Sozialstaat aussaugen. Mehr braucht die FPÖ nicht zu tun.

Die Grünen haben es da ungleich schwerer, wie die Vorrundenspiele in den Bundesländern gezeigt haben. Vor allem hoch in den Bergen, in ihrem Parade-Bundesland Tirol, sind die Ökos tief gefallen. Von 15 auf zehn Prozent – und damit zurück auf Platz fünf.

Eva Glawischnig, die Grüne Nummer zwei, spricht von „Warnschüssen“, sie führen jetzt zu einem Umbau des Teams: Die Nationalrats-Riege wird noch im Sommer einer Frischzellenkur unterzogen. Junge Funktionäre und prominente Quereinsteiger sollen das Bild von den angepasst-bürgerlichen Grünen wieder in ein alternativeres verwandeln. Namen? Vorerst streng geheim. Weil die Kandidatenliste von der Parteibasis abgesegnet werden muss – und die mag keine Freistöße von oben.

Der Kapitän wird allerdings nicht getauscht: Alexander Van der Bellen gilt trotz seiner 64 Jahre als Star. Nicht ohne Grund: Er ist der längst dienende (seit 1997) und der beliebteste Parteichef. Experten rechnen sogar, dass zumindest ein Drittel der Grünen Wähler auf des Professors Konto gehen. In der Praxis ist „VdB“ mittlerweile einer, der zwar gerne links blinkt, dann aber doch rechts abbiegt. Mit Schwarz-Grün lebe es sich leichter, daraus hat er zuletzt keinen Hehl mehr gemacht. Außerdem: Im Gegensatz zu Rot-Grün gibt es Erfahrungswerte – und positive noch dazu. Aus Oberösterreich zum Beispiel. Oder aus Graz und Bregenz.

Kontrahent Strache legt sich lieber nicht fest. Er lässt sich umgarnen und wird erst Farbe bekennen, wenn die Großparteien „vom Wähler abgestraft“ worden sind. Dann nämlich, sagt er, wird eine der beiden bereit sein, „die freiheitlichen Themen mit uns umzusetzen“. Übermut? Mittlerweile nicht mehr.

Kommt Dinkhauser ins Spiel?

Spielmacher in der Regierung wäre auch ein anderer gern. Er heißt Peter Westenthaler und ist Obmann des BZÖ, einer Landpartie, die eigentlich nur in Kärnten gut spielt. Das liegt an Landeschef Jörg Haider, dem personifizierten Rechtspopulismus. Die Kärntner wählen zwar ihn und nicht seine Partei – aber dafür kratzt das BZÖ dort an der absoluten Mehrheit.

Westenthaler profitiert im Bund davon, obwohl er einen Prozess wegen falscher Zeugenaussage auf dem Buckel hat. Umfragen sehen das BZÖ im Umkreis der Vier-Prozent-Marke, aber jedenfalls wieder im Nationalrat. Die Frage wird sein, ob die Orangen im Schatten des blau-grünen Duells aufzeigen können. Und wer den Außendecker Westenthaler kennt, der weiß: Mit Fouls dürfte zu rechnen sein.

Vielleicht kommt auch ein anderer noch ins Spiel: ÖVP-Rebell Fritz Dinkhauser denkt laut über eine bundesweite Offensive nach. Wie er der „Presse“ am Montag erklärte, ist das noch eine „Geld- und Personalfrage“. In Tirol hat Dinkhauser schon demonstriert, wie man den Großparteien eine bittere Niederlage zufügt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.07.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.