Einstimmig: Der Weg für Neuwahlen ist frei

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Neuwahlbeschluss im Nationalrat: Die Debatte über den rot-schwarz-grünen Antrag nutzten die Abgeordneten für den Wahlkampf. SPÖ und ÖVP schoben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Koalition zu.

Der Nationalrat hat am Mittwoch den Weg für Neuwahlen frei gemacht. Der rot-schwarz-grüne Antrag zur vorzeitigen Beendigung der Gesetzgebungsperiode wurde einstimmig angenommen. Nun müssen noch der Ministerrat, der Hauptausschuss und der Bundespräsident befasst werden, bevor der Wahltermin 28. September endgültig fixiert ist.

Bei der Abstimmung waren sieben Regierungsmitglieder anwesend, darunter auch VP-Vizekanzler Wilhelm Molterer. SP-Spitzenkandidat Werner Faymann war nicht anwesend, ebenso SP-Kanzler Alfred Gusenbauer, der wegen eines privaten Termines verhindert war.

Die Debatte über den Neuwahlantrag war für die Abgeordneten ein willkommener Anlass, Wahlkampf zu führen.

Cap: Opposition "schläfrig"

SP-Klubchef Josef Cap setzte dabei auf die Themen Kampf gegen die Teuerung, Ablehnung der Pensionsautomatik, steuerliche Entlastung für kleine und mittlere Einkommen, Ausbau des Schienenverkehrs und Stärkung der Frauenrechte. Der Opposition warf er vor, sich während der letzten eineinhalb Jahre als "etwas schläfrig" erwiesen zu haben.

Dass in der Regierung nicht alles umsetzbar gewesen sei, wies der rote Klubchef in die Verantwortung der ÖVP. Diese habe geglaubt, dass nichts am "Gelben vom Schüssel-Ei" verändert werden dürfe.

Schüssel für strengere Ausländer-Politik

Der derart Angesprochene VP-Klubchef Wolfgang Schüssel warb im Anschluss dafür, den Blick nach vorne zu richten und nicht mit Rezepten aus der Vergangenheit zu arbeiten. So sei etwa in der Gesundheitsdebatte von den Sozialpartnern ein beachtlicher Wurf gelungen - seiner Meinung nach könnte es aber noch mutiger gehen.

Wie schon am Vortag schlug die ÖVP betont strenge Töne in der Ausländerpolitik an. Schüssel forderte, dass Migranten, die in das Land kommen, die Sprache können und auch die kulturelle Identität Österreichs kennen müssten. Für "Tomatenpflücker" und "Manager" soll das aber nicht gelten. Schüssel regte auch ein eigenes Staatssekretariat für "Integration und nationale Integrität" an.

Pröll: "Gemeinsam stolz sein"

In der Debatte waren jedoch auch großkoalitionär-versöhnliche Töne zu vernehmen. SP-Unterrichtsministerin Claudia Schmied lobte etwa die "Meilensteine" in der Bildungspolitik und dankte allen Beteiligten für die "gute Zusammenarbeit über alle Fraktionen hinweg". VP-Landwirtschaftsminister Josef Pröll pries die Maßnahmen gegen die Teuerung und die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre an: "Darauf sollten wir gemeinsam stolz sein". Beide Minister vergaßen aber auch nicht, die Schuld am Scheitern der Regierung beim jeweils anderen Koalitionspartner zu suchen.

Van der Bellen: "Ein Jahr Hickhack"

Grünen-Chef Alexander Van der Bellen warf der Regierung "ein Jahr Nichtstun, ein Jahr Hickhack, ein Jahr Erfolglosigkeit" vor. Der SPÖ attestierte Van der Bellen, die ÖVP immer nur als Ausrede für das Nichtstun verwendet zu haben. Mit dem "Kotau" vor der "Kronen Zeitung" wandle man nun auch noch auf "rot-blauen Spuren".

Strache: SPÖ hat sich an ÖVP verkauft

FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bezeichnete den Neuwahlantrag der Koalition als "Misstrauensantrag gegen sich selbst". SPÖ und ÖVP dokumentierten mit dem heutigen Tag ihr eigenes Scheitern. Die SPÖ habe sich bedingungslos an die ÖVP verkauft und die habe eine Politik gegen das Volk gemacht.

Für die Zukunft schwant dem freiheitlichen Parteichef Übles. Angesichts der Weigerung der SPÖ, in der laufenden Plenarwoche mit der Opposition schnell noch Gesetze zu beschließen, mutmaßt Strache, dass die Sozialdemokraten jetzt schon nach einer erneuten Großen Koalition "betteln".

Westenthaler beklagt "soziale Kältewelle"

BZÖ-Chef Peter Westenthaler belustigte sich zunächst darüber, dass der designierte SP-Spitzenkandidat Werner Faymann bei der Debatte nicht anwesend sei. Könne es sein, dass Faymann der heutige Rücktritt sei, spottete der orange Fraktionschef angesichts der in den vergangenen Tagen verkündeten Abtritte von Alfred Gusenbauer, Gaby Schaunig und Josef Broukal.

Der Koalition warf Westenthaler vor, nichts gegen die Teuerung gemacht zu haben und das Land somit einer "sozialen Kältewelle" ausgesetzt zu haben. Der BZÖ-Obmann pries seine Partei auch als Partner für eine künftige Koalition an: Seine "bürgerliche Partei rechts der Mitte" bestehe aus lupenreinen Demokraten fern von jedem Extremismus.

(APA/Red.)

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