Konservative, von links umgarnt

Migranten
Migranten(c) AP (Martin Meissner)
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SPÖ und Grüne werben fremdsprachig, doch die Adressaten wählen sie eher nicht. In der ÖVP verzichtet man auf fremdsprachige Werbung und kritisiert die Inserate der Mitbewerber.

Wien. Den Eindruck, dass Politiker eine unverständliche Sprache sprechen, hat man öfters – manchmal sogar zu Recht: Die Volksvertreter werben im Wahlkampf auch mit fremdsprachigen Inseraten und Broschüren. Das Ziel: Die Wählerstimmen der Österreicher mit Migrationshintergrund sollen gewonnen werden.

So inseriert die SPÖ etwa in türkischen und ex-jugoslawischen Tageszeitungen und Monatszeitschriften. Allerdings: Spezielle Botschaften für die Migranten gibt es dabei nicht. Die Texte unterscheiden sich inhaltlich nicht von jenen für die gebürtigen Österreicher. „Die Leute haben dieselben Interessen wie andere Bürger auch“, erklärt Franziska Healy-Butz, die bei der SPÖ Wien für die Wahlwerbung bei Migranten zuständig ist. Deswegen verzichte man auf spezielle Botschaften für die Migranten. Und warum versucht man, nicht in Deutsch mit den Migranten, die österreichische Staatsbürger sind, zu kommunizieren? „Viele sprechen nicht gut Deutsch“, erklärt Healy-Butz. Und man wolle auch die Wähler mit Migrationshintergrund ansprechen.

Neben der SPÖ betreiben die Grünen die intensivste Wahlwerbung bei den Migranten: Auch sie inserieren und verteilen Broschüren in den klassischen Zuwanderer-Sprachen. „Es ist ein Zeichen, dass Österreich mehrsprachig ist“, sagt die gebürtige Türkin Alev Korun, die für die Grünen in den Nationalrat einziehen wird. „Und es ist natürlich wichtig, dass man verstanden wird“. Grün und Rot beschränken ihre Initiativen aber nicht bloß auf Broschüren: Über Migrantenkandidaten und Präsenz in den Zuwandererbezirken versucht man auch, vor Ort zu punkten. Allerdings: Obwohl Rot und Grün am intensivsten um Stimmen der Zuwanderer kämpfen, sind diese Bemühungen nicht zwingend von Erfolg gekrönt. „Migranten wählen konservativer als man glaubt“, erklärt Polit-Experte Peter Filzmaier. Das habe unter anderem damit zu tun, dass viele Einwanderer aus dem Mittelstand kommen. Überdies: Wer es nach Österreich geschafft hat, fühle sich durch neue Migranten eher bedroht, sagt der Experte. Es sei also ein Irrglaube, dass eingebürgerte Österreicher die Parteien wählen, die ihnen die Einbürgerung vielleicht erst ermöglicht haben.

Wähler „muss Deutsch können“

In der ÖVP verzichtet man trotzdem auf fremdsprachige Werbung und kritisiert die Inserate der Mitbewerber: „Wer bei uns leben will, muss Deutsch können“, tönt es aus der schwarzen Parteizentrale. Allerdings lässt sich die ÖVP durch den „Verein konservativer Migranten“ helfen. Der Klub würde „von sich aus“ bei ihren Mitgliedern für die Volkspartei werben, wird erklärt. Die Volkspartei unterstützt den Klub jedenfalls durch Büroräumlichkeiten. Auch das BZÖ ist den Migrantenstimmen nicht abgeneigt: „Wir sind für alle Österreicher da, egal woher sie kommen“, sagt Parteisprecher Heimo Lepuschitz. Man mache für Eingebürgerte aber keine spezielle Wahlwerbung. „Wir machen ja auch für Bergbauern nichts Spezielles.“ Die FPÖ war für eine Stellungnahme zum Thema nicht erreichbar, aber selbst die Blauen spitzen auf Migrantenstimmen. Parteichef Heinz-Christian Strache hielt eine gemeinsame Pressekonferenz mit dem serbisch-orthodoxen Bischof und wird nicht müde, die Loslösung Kosovos von Serbien als Fehler zu brandmarken.

Eine Taktik, mit der man bei nationalistischen Serben schon punkten könnte, meint Filzmaier. Grundsätzlich sei Wahlwerbung bei eingebürgerten Österreichern aber schwierig, da man die verschiedenen Migranten nicht mit denselben Botschaften ansprechen könne. Richtig sei es aber, im Migranten-Wahlkampf nicht auf das Migrationsthema zu setzen. Man müsse vielmehr die Lebenssituation der Betroffenen ansprechen, so der Experte. Die Taktik, dies über Inserate in den fremdsprachigen Medien zu versuchen, hält Filzmaier für gut. Abzuraten ist hingegen von fremdsprachigen Inseraten in österreichischen Zeitungen: Dies würde gebürtige Österreicher irritieren.

Klar ist: Die Wähler mit Migrationshintergrund werden immer wichtiger. Bis zu einer halben Million Wähler fallen unter diesen Begriff. Damit ist die Gruppe der Migrantenwähler doppelt so stark wie jene der ebenfalls umgarnten 16- bis 18-jährigen Erstwähler.

AUF EINEN BLICK

SPÖ und Grüne werben in fremdsprachigen Inseraten (Türkisch, Serbisch/Kroatisch/Bosnisch). Alle Wörter lassen sich aber nicht sinnvoll übersetzen. Auch in den nicht-deutschen Inseraten der SPÖ findet sich daher das Wort „Hacklerregelung“.

Die Slogans sind auch in den fremdsprachigen Inseraten die gleichen: So bedeutet der Faymann-Spruch „Novi izbor“ (Serbisch/Kroatisch/Bosnisch) schlicht „die neue Wahl“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.09.2008)

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