Faymann legt sich auf Große Koalition fest

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Der SP-Chef will nur mit der ÖVP über eine Regierungs-Zusammenarbeit verhandeln, die Grünen zusätzlich an Bord zu holen sei "nicht sinnvoll". In der ÖVP mehren sich die Stimmen, die einen Gang in die Opposition fordern.

Mit der Demissionierung der Regierung durch Bundespräsidenten Heinz Fischer am Dienstagvormittag ist nun endgültig der Weg frei für das große Spekulieren über mögliche Koalitionen. Die SPÖ legt sich dabei schon frühzeitig fest: Man werde nur mit der ÖVP Verhandlungen führen, erklärte SP-Chef Werner Faymann nach einer gut zweistündigen Präsidiumssitzung am Dienstagnachmittag.

Die Verhandlungen sollten eher rasch abgeschlossen werden und den neuen Stil der Zusammenarbeit wiederspiegeln. Zudem müsste klargestellt werden, dass man in einer Koalition ein Team sei und nicht Gegner. Eine Minderheitsregierung sei für ihn unverändert kein Ziel, erklärte Faymann. Gespräche auf parlamentarischer Ebene werde es dagegen wie bisher mit allen Fraktionen geben.

Für die Koalitionsverhandlungen wird die SPÖ laut ihrem Chef keine Mindestlatten oder ähnliches legen. Die Handschrift der Sozialdemokraten müsse erkennbar sein, aber es würden keine Bedingungen formuliert. Dies sei die Erkenntnis aus den letzten Regierungsverhandlungen, wo die SPÖ dann nur an einzelnen Punkten gemessen worden sei.

Pröll will sich Optionen offenhalten

Während Faymann das gute Klima zwischen ihm und dem designierten VP-Chef Josef Pröll lobte, erklärte dieser auch am Tag nach dem Wechsel an der VP-Spitze, für ihn seien "alle Optionen offen". Auf Faymanns Pläne angesprochen erklärte er, er habe sich noch nie Gesprächen verweigert, entschieden sei aber nichts.

Unterstützt wurde Pröll dabei von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein, der bereits angekündigt hat, einer neuen Großen Koalition nicht mehr angehören zu wollen. Bartenstein betonte, im gestrigen Parteivorstand seien alle drei Möglichkeiten - Große Koalition, Zusammenarbeit mit FPÖ und BZÖ und Gang in die Opposition - in Betracht gezogen worden.

Erwin Pröll fordert rasche Regierungsbildung

Erwin Pröll, der niederösterreichische Landeshauptmann und Onkel des neuen VP-Chefs, forderte am Dienstag eine rasche Regierungsbildung: "Ich plädiere dafür, sehr rasch, innerhalb einiger Wochen eine neue Regierungskonstellation auf die Beine zu stellen, die dann hart und effizient und in gegenseitigem Respekt arbeitet und das aus dem Gedächtnis streicht, was sich in den letzten eineinhalb Jahren abgespielt hat", sagte Pröll in einem Interview mit dem "Kurier". Pröll verwies auf die drohende Finanzkrise, sowie auf Staats-, Steuer- und Gesundheitsreform. Das alles seien Punkte, die rasch behandelt werden müssten.

Hochrangige VP-Mitglieder sprechen sich unterdessen für den Gang der Volkspartei in die Opposition aus. Für den VP-Delegationsleiter im Europaparlament und stellvertretenden EVP-Fraktionschef Othmar Karas ist der Gang seiner Partei in die Opposition nach den Nationalratswahlen wahrscheinlicher geworden. Angesichts der Positionierung von FPÖ, BZÖ und SPÖ in der Europapolitik ist "im Moment die Opposition wahrscheinlicher als eine Regierungsbeteiligung", sagte Karas am Dienstag. "Wenn man jetzt eine Urabstimmung in der ÖVP macht, ist eine Mehrheit für den Gang in die Opposition."

Auch Bauernbund-Obmann Fritz Grillitsch meint in der Mittwoch-Ausgabe der "Wiener Zeitung", derzeit sei es "am wahrscheinlichsten", dass die ÖVP in Opposition gehe, es seien aber alle Optionen offen. Dieser Meinung ist auch Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl schließt den Gang in die Opposition nicht aus, er fordert in den "Oberösterreichischen Nachrichten" eine rasche Regierungsbildung. Gleichzeitig schließt er sich jenen Kräften in der ÖVP an, die sich für das Ende der Ära Wolfgang Schüssel aussprechen: "Jede Periode endet einmal."

Landeschefs im Zwiespalt

Außerhalb Niederösterreichs spiegeln sich die Haltungen der Bundeschefs auch auf Länderebene wieder. So erklärte etwa der burgenländische SP-Landeshauptmann am Dienstag seine Präferenz für eine "Koalition Neu" mit der ÖVP. Er sei dafür, dass die stärkste Partei mit der zweitstärksten verhandle, "unter der Voraussetzung, dass es eine andere Form der Koalition gibt: Eine Koalition der Blockierer, der Trixer, die ist vorbei, die wurde abgewählt", sagte Niessl bei einer Pressekonferenz in Eisenstadt.

Franz Steindl, Niessls VP-Stellvertreter, erklärte dagegen, es sei wichtig, dass es "keine Festlegung auf irgendeine Regierungsform" gebe. Die "überwiegende Mehrheit" der ÖVP-Mitarbeiter im Burgenland, "aber auch im Bundesparteivorstand", würde mit der Opposition liebäugeln, fügte Steindl hinzu. Auch er persönlich tendiere dazu.

Skeptisch äußerte sich der oberösterreichische VP-Landeshauptmann Josef Pühringer. "Wenn es nach der Stimmungslage bei den Funktionären geht, müssten wir in Opposition gehen", erklärte er am Dienstag. Er selbst trete jedoch dafür ein, dass die Volkspartei mitgestalten sollte. Das forderte auch der oberösterreichische SP-Landesvorsitzende. "Die Chemie zwischen Faymann und Pröll stimmt", sagte dieser. Wichtig sei aber, dass Bundeskanzler und Finanzminister aus einer Partei kämen.

Frage des Klubchefs offen

"Die Annahme, dass es erneut eine Große Koalition geben werde, ist mehr als verfrüht", erklärte auch der Tiroler VP-Landeshauptmann Günther Platter. Gleichzeitig betonte Platter, dass Josef Pröll als neuer VP-Chef bei allen Entscheidungen freie Hand habe. Das betreffe auch die Frage, wen er als neuen Obmann des VP-Parlamentsklubs nominieren werde.

Gerüchten zufolge steht auch der derzeitige Klubchef, Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, vor seinem Rücktritt. So erklärte etwa die Wiener Wirtschaftskammerpräsidentin Brigitte Jank, der Weg der Veränderung an der Parteispitze sein nun konsequent weiterzugehen. Deswegen halte sie Schüssels Rückzug für eine Selbstverständlichkeit.

Zuvor hatten sowohl Außenministerin Ursula Plassnik als auch Wissenschaftsminister Johannes Hahn in dieser Frage auf die Entscheidungshoheit des Klubs verwiesen. Plassnik kommentierte Journalistenfragen Am Dienstag mit einem lapidaren "Alles wird besser". Hahn erklärte auf die Frage nach personellen Änderungen im Parlamentsklub, diese würden sich schon daruas ergeben, dass sich die Zusammensetzung der Abgeordneten ändern werde.

(APA/Red.)

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