Häupl: Kein Integrationsproblem in Wien

(c) APA (Georg Hochmuth)
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Die Strache-Erfolge gehen laut Michael Häupl auf schlechten Stil der Bundesregierung zurück; Wiens Maßnahmen für Zuwanderer sollen besser vermarktet werden; Zurückhaltung gegenüber der FPÖ ist zu Ende.

Wer gedacht hat, dass Bürgermeister Michael Häupl nach den massiven Zugewinnen der Rechtspartei FPÖ jetzt das Integrationsthema in den Mittelpunkt der Wiener Stadtpolitik setzen wird, sah sich am Dienstag eines Besseren belehrt. Der Hauptgrund für Straches Erfolg sei die Frustration der Wähler gewesen, die den schlechten Stil der letzten 18 Monate der Großen Koalition nicht goutiert hätten, analysierte Häupl am Dienstag bei seiner wöchentlichen Pressekonferenz. Er sehe daher in Wien auch keine Versäumnisse der SPÖ im Integrationsbereich.

Häupl: „Wenn wir Fehler gemacht haben, dann den, dass wir zu wenig darüber geredet haben, was wir alles in dem Bereich schon gemacht haben und planen.“

Das will der Wiener SP-Chef jetzt „blitzartig“ ändern. „Wir werden (gemeint sind die Wiener SP-Mitarbeiter, Anm.) von Gemeindebaustiege zu Gemeindebaustiege, von Lehrplatz zu Lehrplatz, von Disco zu Disco eilen, damit Rechtspopulisten keine Chance haben“, meinte Häupl in gewohnt blumiger Sprache.

Die Botschaft, die Häupl (auch verstärkt via Medien) zu den Menschen bringen will: Wien hat im Integrationsbereich (siehe auch Interview unten) schon viel umgesetzt. Konkret will Häupl mehrere seit einiger Zeit geplante Maßnahmen besonders hervorheben:

► Integration verstärken. Ab Herbst kommt die „Integrations- und Niederlassungsbegleitung“. Migranten werden intensiver als bisher mit der Wiener Lebensart und den Wiener Institutionen vertraut gemacht – um multikulturelle Konflikte abzubauen. Dazu soll eine Zuwandererkommission österreichweit Vorschläge gegen Integrationsprobleme erarbeiten.

► Gemeindebau-Offensive. Die Finanzmittel für die Gebietsbetreuungen, die Konflikte im Gemeindebau regeln, wurden vor einiger Zeit fast verdoppelt; es gibt ein Drittel mehr Personal. Dazu gibt es 20 interkulturelle Mediatoren, die Konflikte zwischen Alt- und Neo-Österreichern im Gemeindebau lösen sollen. Und: Neumieter werden in (bereits) 50 Gemeindebauten beim Einzug ganz gezielt mit Nachbarn und Hausordnung vertraut gemacht, um Konflikte durch Unwissenheit zu vermeiden.

► Sprache: Durch die vorgezogene Schuleinschreibung sollen Kinder, die kaum Deutsch können, rechtzeitig erfasst werden, um sie im Kindergarten (sprachlich und verhaltensmäßig) sattelfest zu machen.

Häupl wies am Dienstag auch „die falsche These“ zurück, dass Straches FPÖ besonders bei den Jungen gepunktet habe. Die SPÖ habe bei den Jungwählern in Wien durchaus die Nase vorne gehabt. Auch in den höheren Schulen sehe er das Problem nicht, so der SP-Bürgermeister, der allerdings einräumte, dass es besonders bei männlichen Lehrlingen Probleme gebe. Die seien für Straches „einfache Antworten“ empfänglich.

Grundsätzlich glaubt Häupl, dass es keines Integrationsschwerpunktes in Wien bedürfe, sondern mehr wirtschaftlicher Maßnahmen. „Es geht nicht um das Kopftuch, es geht um den sozialen Zustand der Gesellschaft“, meinte Häupl zur „Presse“. Man müsse die sozialen Verwerfungen auflösen und die sozialen Probleme lösen, dann brauche man nicht mehr über Kopftücher zu diskutieren.

Die grüne Oppositionspolitikerin Maria Vassilakou zeigte sich von den Häupl-Aussagen erschüttert. Angesichts des Wahlergebnisses so zu tun, als sei bei der Integration alles in bester Ordnung, sei  „ärgste Realitätsverweigerung“.

Inzwischen verschärft sich der Ton zwischen Häupl und den Freiheitlichen. FP-Chef Heinz-Christian Strache meinte, dass die Nerven bei Häupl ziemlich blank liegen dürften. Denn seine Aussagen über den Neofaschismus und dass die FPÖ Nazi-Methoden anwendet, seien mur mehr erbärmlich und letztklassig. Häupl verneinte, solche Äußerungen gemacht zu haben. Er mache die Wähler der FPÖ nicht schlecht, sagte der Bürgermeister. Die FP-Wähler seien Frustwähler, die gegen die letzte Regierung waren und Angst um ihre Sicherheit haben, weil es in Wien zu wenig Polizisten gibt. „Und dann kommt noch ein Herr Strache und schmeißt im Nachtwerk (Großdisco in Wien, Anm.) Lokalrunden.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2008)

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