"Herr Pröll, seien's nicht so ang'rührt"

Herr Proell seiens nicht
Herr Proell seiens nicht(c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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Im ORF trafen zum einzigen Mal Spitzenkandidaten zur Landtagswahl aufeinander. Zu hören war wenig Neues, zu sehen nur sporadische Emotion.

St. Pölten. Und am Ende war die Uhr vergessen. Zu Beginn der einzigen TV-Diskussion der Spitzenkandidaten für die niederösterreichische Landtagswahl erklärte Christiane Teschl, Chefredakteurin im St. Pöltner ORF-Landesstudio, noch stolz, dass die Redezeiten von Erwin Pröll (ÖVP), Josef Leitner (SPÖ), Barbara Rosenkranz (FPÖ) und Madeleine Petrovic (Grüne) genau mitgestoppt würden. In der ersten Hälfte der Sendung am Sonntagvormittag wurde dann auch ein Zwischenstand eingeblendet, ein leichter Vorsprung Prölls zeichnete sich bereits ab.

Von da an ließ der ORF die Zuseher im Ungewissen darüber, wer wie lange das Wort in der bundesweit übertragenen Diskussion bekam. Möglich, dass das damit zusammenhängt, dass Erwin Pröll in den knapp 50 Sendeminuten – „Die Presse“ hat auch mitgestoppt – fast 14 Minuten Redezeit bekam, Rosenkranz und Leitner jeweils knapp über acht Minuten, Petrovic überhaupt nur rund fünfeinhalb.

Ein Überhang, der sich damit erklären lässt, dass es ausnahmslos Pröll war, der von seinen Kontrahenten angesprochen wurde – kein Wunder, regiert der Landeshauptmann Niederösterreich doch derzeit mit absoluter Mehrheit.

Stronach blieb lieber im Privat-TV

Frank Stronach, der seine Liste persönlich in die Landtagswahl am Sonntag führt, hatte übrigens das Angebot des ORF ausgeschlagen – er stand im Anschluss dem Privatsender Puls4 Rede und Antwort. In der St. Pöltner Runde blieb das Team Stronach einzig durch einen leeren Stuhl repräsentiert.

Damit mag es auch zu tun haben, dass die Diskussion – unüblich für diesen Wahlkampf – über weite Strecken ohne Untergriffe und persönliche Duellaufforderungen auskam. Alle Oppositionsparteien durften jeweils eines ihrer Themen diskutieren: Die FPÖ konnte wieder für die Einführung von Grenzkontrollen wegen steigender Kriminalität werben (Rosenkranz: „... auch wenn die in Brüssel schief schauen“), die Grünen für ihre Idee einer 365-Euro-Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr (Petrovic: „. . . rechnet sich von selbst“) und Leitner beklagte den schlechten politischen Stil im Land („. . . die SPÖ und ich mussten in den letzten Jahren viel aushalten“). Und Erwin Pröll konnte zum Beweis, wie gut er mit allen arbeiten könne, mit einem Packen von 150 Dankesschreiben von SPÖ-Bürgermeistern in die Kamera wedeln.

Neues gab es dabei kaum zu hören – wenn man einmal von zarten Avancen Prölls in Richtung der Grünen absieht: „Beim öffentlichen Verkehr sind wir gar nicht so weit auseinander.“ Dafür zeigte sich einmal mehr, wie ungeeignet die komplexe Frage der umstrittenen Veranlagungen des Landes für eine Wahlkampfdiskussion ist: Von 860 Millionen Euro Gewinn (Pröll) bis zu 1,8 Milliarden Euro Verlust (Leitner) flogen unterschiedlichste Zahlen durch die Runde, ohne dass das für Zuschauer nachvollziehbar gemacht worden wäre – was sich der ORF etwa von einem TV-Interview mit Pröll vergangene Woche auf Puls4 hätte abschauen können.

Emotionen kamen nur sporadisch auf: Etwa, als Rosenkranz den Landeschef mit den Worten „Seien's nicht so ang'rührt“ unterbrach, als er sich im staatstragenden Ton verbeten hatte, Niederösterreich mit einer Diktatur zu vergleichen.

ORF-Fauxpas zum Schluss

Hitziger wurde der Ton auch gegen Ende noch einmal, als Pröll den türkischstämmigen ÖVP-Kandidaten Selfet Yilmaz gegen Rosenkranz' Angriffe in Schutz nahm, dieser mache auf Deutsch und Türkisch Wahlwerbung: „Für den Erhalt der Absoluten ist Ihnen offenbar jedes Mittel recht.“ „Hören Sie endlich auf, auf Menschen zu hetzen“, so Prölls Antwort – „seien Sie froh, dass wir so tüchtige Leute hierher bekommen, damit dieses Land weiter wachsen kann.“

In der Schlussrunde leistete sich der ORF einen kleinen Fauxpas: SPÖ-Kandidat Leitner wollte sein Abschluss-Statement direkt an das Fernsehpublikum adressieren, die Kamera blieb aber in Totalansicht – als Pröll daraufhin anhob, dasselbe zu tun, schaltete ihn die Regie sofort in Großaufnahme.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2013)

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Kommentare

Verspekuliert, Herr Stronach!

Puls4 bot eine erfrischende Ergänzung zur ORF-Diskussion, keinen Vorteil für Stronach.

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