NÖ-Wahl: Pröll zittert heute um die Absolute

NoeWahl Proell zittert heute
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1,4 Millionen Niederösterreicher sind im schwarzen Kernland an die Urnen gerufen. Zwei Fragen dominieren die Wahl: Hält die ÖVP die absolute Mehrheit - und wie schneidet Frank Stronach bei seinem Polit-Debüt ab?

„Das Ergebnis schmerzt", sagt Erwin Pröll. Es ist der 16. Mai 1993. Niederösterreichs VP-Landeshauptmann hat soeben die absolute Mandats-Mehrheit verloren. Und das bei seinem ersten Antreten als VP-Spitzenkandidat. Drei triumphale Wahlerfolge und 20 Jahre später muss Pröll nun wieder zittern. Nach dem „schmutzigsten" Wahlkampf aller Zeiten - so sieht das die ÖVP - sind rund 1,4 Millionen Niederösterreicher an die Urnen gerufen.

Und die Umfragen prophezeien: Nach 54,4 Prozent 2008 wird es diesmal mit 48 bis 51 Prozent eng um die absolute Mehrheit, die alle anderen Parteien brechen wollen.  „Alle gegen uns", monierte Pröll nach einem themenarmen aber für blau-gelbe Verhältnisse durchaus an- und untergriffigen Wahlkampf, geprägt vom (inszenierten) Duell Pröll versus Frank Stronach.Als „Feigling" beschimpfte der 80-jährige Polit-Newcomer den Landeshauptmann, Niederösterreich nannte er eine Diktatur. Und dann hielt er Pröll in einer wahren Inseraten-Schlacht auch ein Zitat aus dem Jahr 2004 vor: "G'scheiter wäre es, das Industrie-Viertel in Stronach-Viertel umzubenennen", hatte Pröll damals scherzhaft vorgeschlagen. Die ÖVP plakatierte ihrerseits „Hier fliegt ihre Stimme" - weil Austro-Kanadier Stronach in keinem Fall im Landtag sitzen will. Der Wahlkampf 2013 hatte auch seine humorvollen Seiten.

SPÖ, FPÖ und Grüne drohten im „Kampf der Despoten" , wie das ein Grüner nannte, zerrieben zu werden. Alle drei Parteien stürzten sich aber dankbar auf die blau-gelben Spekulations-Abenteuer mit den Wohnbaugeldern. Die SPÖ schätzt den Schaden auf 1,8 Milliarden Euro, die ÖVP will dagegen bis 2020 alle Veranlagungsziele erreichen.

Niederösterreichs Proporzsystem

Beim Proporzsystem wird die Landesregierung automatisch nach dem Stärkeverhältnis der Parteien im Landtag gebildet. Das heißt, dass alle größeren Landtagsparteien auch in der Regierung sitzen, selbst wenn eine Partei wie etwa in Niederösterreich mit absoluter Mehrheit regiert. Ohne Absolute gibt es in der Regel dennoch Absprachen bzw. Koalitionen, um die wichtigen Beschlüsse wie Landeshauptmann-Wahl oder Budget im Landtag sicherzustellen.

Auch wegen des Finanzskandals im ohnehin hoch verschuldeten Niederösterreich wackelt die Absolute. Die grüne Spitzenkandidatin Madeleine Petrovic legte sogar medienwirksam eine Anzeige nach. Dabei gelten die Grünen als aussichtsreichster Kandidat auf ein mögliches Arbeitsübereinkommen - falls die Absolute fällt. Grüne Bedingung ist aber ein Spekulationsverbot. Und dann wäre da noch die Hoffnung auf ein 365-Euro-Öffi-Jahresticket für das ganze Bundesland. Die Grünen haben zwar die Korruptionsskandale in Bund und Land ohne Flecken auf der weißen Westen überstanden, in den Umfragen kommen sie nach 6,9 Prozent 2008 mit 7 bis 9 Prozent aber kaum vom Fleck. Petrovic erklärt sich das so: In Niederösterreich gebe es noch immer so etwas wie "Leibeigenschaft". Übersetzt heißt das: Viele würden sich einfach nicht trauen, grün zu wählen oder die Grünen zu unterstützen.

Auch die Freiheitlichen treten einigermaßen auf der Stelle (8 bis 11 Prozent in den Umfragen nach 10,5 Prozent 2008). Im Wahlkampf beschränkte sich Spitzenkandidatin und FP-Landesrätin Barbara Rosenkranz - bekannt als gescheiterte Kandidatin bei der Bundespräsidentschafswahl 2010 - neben der Verluste durch die Wohnbaugelder-Spekulationen vor allem auf das freiheitliche Kernthema Kriminalität. Die zehnfache Mutter rief den „Sicherheitsnotstand" aus, die Grenzen müssten wieder hochgezogen werden. Und sie erwähnte bei jeder Gelegenheit die Besetzung der Votivkriche.Eng könnte es für Sepp Leitner werden. Der SP-Chef beendete vor fünf Jahren den Kuschelkurs
seiner Vorgängerin Heidemarie Onodie, ging auch in der Proporzregierung auf Konfrontationskurs mit Pröll - und später auch mit der Wiener SPÖ. Die Sozialdemokraten drohen der große Verlierer dieser Wahl zu werden. nach jüngsten Umfragen liegen sie zwischen 21 und 27 Prozent. Die Schmach von 2008 dürfte sich also wiederholen: Damals rutschte die SPÖ in Niederösterreich auf 25,5 Prozent und damit erstmals unter die 30-Prozent-Marke.

Leitner ist auch nicht vom Glück verfolgt: In der ORF-"Elefantenrunde" wollte es der Regie einfach nicht gelingen, den 41-Jährigen bei seinem Abschlussstatement in Großaufnahme einzublenden. Zumindest bei Pröll klappte das aber dann tadellos. Stronach war übrigens nicht dabei. Er wollte nicht, durfte die Runde aber im Anschluss solo im Privatsender Puls4 kommentieren. Die Bewerbung einer am selben Tag auf Puls4 ausgestrahlten Doku hat der Austro-Kanadier übrigens selbst bezahlt - woran Puls4 aber nichts Anstößiges findet.

(c) APA/Umfrageinstitute

Das ist einigermaßen skurril - wie übrigens auch das niederösterreichische Wahlrecht. Im größten Bundesland gilt nämlich Vorzugsstimme vor Partei, wer also beispielsweise Pröll und SPÖ ankreuzt, wählt ÖVP. Den Landeshauptmann kann man dennoch nicht direkt wählen -  auch wenn das auf den ÖVP-Plakaten suggeriert wird.

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(jst)

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