SPÖ Niederösterreich: Mit Stadler zurück auf Kuschelkurs

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Josef Leitner zieht die Konsequenzen aus der Wahlniederlage und übergibt die angeschlagene Landes-SPÖ an den St. Pöltner Bürgermeister.

St. pölten. Wenn sich die SPÖ Niederösterreich nicht fängt, droht es eine unliebsame Tradition zu werden: Das Krisentreffen des Parteivorstandes am Tag nach der Wahl. Die Szenen, die sich am Montag in der St. Pöltner Landesparteizentrale vis-à-vis dem Regierungsviertel abgespielt haben, gleichen jenen nach der Landtagswahl im Jahr 2008 bis aufs Detail. Wieder ziehen schweigsame Funktionäre aus allen Teilen des Landes mit langen Gesichtern und hängenden Köpfen ein, wieder gibt es Gulasch und Frankfurter gegen die rote Katerstimmung.

Damals verlor die SPÖ unter Heidemaria Onodi sieben Prozentpunkte und stürzte auf 25,5Prozent ab – das bis dahin schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten in Niederösterreich, die noch Ende der 1970er-Jahre fast gleichauf mit der Volkspartei gelegen waren. Onodi war als Parteichefin tags darauf Geschichte; ihr folgte ihr bisheriger Landesgeschäftsführer Josef Leitner mit der Ankündigung eines „kantigeren“ Kurses gegenüber der mit absoluter Mehrheit regierenden ÖVP.

Nun ist er selbst Geschichte: Am Sonntag stürzte die SPÖ unter seiner Führung noch einmal vier Prozentpunkte ab, sie liegt nun bei 21,5 Prozent. Noch am Wahlabend vereinbarte der 41-jährige Leitner mit der Parteispitze seinen Rückzug aus allen politischen Ämtern, am Montagvormittag verkündete er diese Entscheidung per Mail an die Mitglieder der Landespartei. Als der Landesparteivorstand zusammentrat, galt bereits als ausgemacht, dass der St. Pöltner Bürgermeister Matthias Stadler Chef der Landespartei wird. Stadler, der als Vertreter des „gemäßigten“ Flügels der Landespartei gilt, war bereits 2008 im Rennen um Onodis Nachfolge gewesen, als sich Leitner mit Unterstützung vor allem von SPÖ-Bürgermeistern aus dem Industrieviertel durchsetzte.

Heinisch-Hosek sagte ab

Stadler erklärte nach der einstimmigen Wahl zum Landeschef, Bürgermeister bleiben zu wollen, weil er „den St. Pöltnern im Wort“ sei. Da er der Landesverfassung nach nicht gleichzeitig in die Landesregierung einziehen darf, muss er sich ein neues Team zusammenstellen: Der SPÖ stehen trotz ihrer Niederlage zwei Sitze in dem Gremium zu. Wer Landesrat werden soll, ließ Stadler vorerst offen: Er habe vom Parteivorstand das Recht erhalten, Spitzenfunktionen neu zu besetzen und werde das „in den nächsten Stunden und Tagen“ tun. Die immer wieder als rote Landeshauptmannstellvertreterin gehandelte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek sagte am Montag jedenfalls ab: „Ich bleibe in der Bundesregierung und trete als niederösterreichische Spitzenkandidatin zur Nationalratswahl an.“

Der 47-jährige Stadler, der 2004 dem im Vorjahr verstorbenen Willi Gruber als Oberhaupt der Landeshauptstadt nachfolgte, gilt als umgänglicher und strategisch denkender Sozialdemokrat, der mit allen Parteien arbeiten kann. Viel Diplomatie ist dazu in der Stadt nicht nötig: Die SPÖ hält im St. Pöltner Gemeinderat eine absolute Mehrheit, die Stadler bei Gemeinderatswahlen bereits zweimal verteidigen konnte.

Während die Stadtentwicklung allgemein anerkannt gut läuft – zu den Erfolgen zählen etwa die Neugestaltung des Bahnhofes und die Etablierung der Stadt als Festivalstandort („Frequency“) – gibt es auch gemeindepolitsche Schatten, die Stadler in den nächsten Jahren einholen könnten: 2007 hat St. Pölten unter Stadlers Ägide ein Zinsswap-Geschäft mit der Raiffeisen-Landesbank abgeschlossen, das seither unerwartete Nachzahlungen in dutzendfacher Millionenhöhe nötig gemacht hat; ein Verfahren zwischen Stadt und Bank ist derzeit anhängig.

Stadlers Wahl deutet jedenfalls darauf hin, dass die SPÖ einen versöhnlicheren Kurs mit der ÖVP einschlagen will. Stadler hat gute Beziehungen zum Land und trat in den vergangenen Jahren immer wieder mit Erwin Pröll und anderen ÖVP-Funktionären auf. Ob ein „Kuschelkurs“ der angeschlagenen Partei nutzen wird, ist aber ebenso fraglich: Genau dieses Attribut war Onodi im Jahr 2008 zum Verhängnis geworden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.03.2013)

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