Arbeiten am letzten Wahlkampfschliff

Feilen letzten Wahlkampfschliff
Feilen letzten Wahlkampfschliff(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die SPÖ will mit Konzentration auf das Thema Arbeit die Kernwählerschaft bei der Stange halten. Die ÖVP möchte den Kanzler stellen und verpasst ihrem Spitzenkandidaten einen Imagewandel.

Wien. Es wird ernst im Wahlkampf – noch sind es sechs Wochen bis zur Nationalratswahl. Zeit genug, um um Wähler zu buhlen. Die beiden großen Parteien SPÖ und ÖVP setzen dabei auf durchwegs unterschiedliche Taktiken.

Die SPÖ konzentriert sich im Wahlkampf primär auf ihre Kernwähler und auf klassische Themen: Arbeit, Wohnen, Bildung, Gesundheit und Soziales. Bevor die SPÖ in den Wahlkampf gezogen ist, hat sie in Umfragen eruiert, dass diese Punkte der Bevölkerung am meisten am Herzen liegen. Das Anordnen der Umfrage galt als eine der ersten Maßnahmen von SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos nach dessen Rückkehr in die Löwelstraße. Eine Mobilisierung der Kernwählerschichten soll auch mit der aktuellen Plakatkampagne gelingen, bei der schlicht ein Wort (also etwa „Arbeit“) plakatiert wird. In erster Linie geht es im Wahlkampf aber darum, Werner Faymann als staatstragenden Kanzler, der das Land durch die Krise führt, zu inszenieren. Angriffe auf den Koalitionspartner überlässt man deswegen lieber anderen Parteivertretern. So streitet Finanzstaatssekretär Andreas Schieder immer wieder mit Finanzministerin Maria Fekter über den SPÖ-Plan einer Reichensteuer ab einer Million Euro Vermögen.

Regional gibt es im Wahlkampf Unterschiede: In Kärnten verzichtet man auf Plakate, weil man mit dieser Taktik schon zuletzt im Landtagswahlkampf gut fuhr. In Oberösterreich analysiert man genau, in welchen Wahlsprengeln die SPÖ zuletzt schlechter abschnitt, als es aufgrund der Bevölkerungsstruktur zu erwarten war. In diesen Gegenden will man verstärkt Hausbesuche machen, um Wähler zu überzeugen. Gewarnt werden soll bei allen Bürgerkontakten vor Schwarz-Blau, das von den Sozialdemokraten als düsteres Szenario dargestellt wird.

Schwer tut sich die SPÖ aber mit dem Thema Zuwanderung an sich. Denn ein Teil ihrer Wählerschaft ist für strikte Beschränkung der Zuwanderung und könnte an die FPÖ verloren gehen. Ein anderer Teil plädiert für lockere Regelungen und muss vor dem Abwandern in Richtung Grüne gerettet werden. Die Lösung: Die SPÖ wird das Thema Ausländer im Wahlkampf nicht aktiv ansprechen.

Die ÖVP geht mit einer klaren Ansage in die Wahl: Michael Spindelegger soll Bundeskanzler werden. Zwei bis drei Prozentpunkte Abstand zum Koalitionspartner sollten bis zur Wahl aufzuholen sein, so die Überlegung. Ein erfolgreiches Frühjahr mit gewonnenen Landtagswahlen in Niederösterreich, Tirol und Salzburg und eine erfolgreiche Wehrpflicht-Volksbefragung geben da Auftrieb.

Spindelegger wurde ein Imagewechsel verpasst: Er soll besser in die Rolle des Angreifers passen und wie jemand wirken, der den Wechsel auch wirklich will. Ob er dieses Image auch authentisch verkörpert, wird ganz entscheidend für den Erfolg des Wahlkampfes werden. Zeigen wird sich das spätestens bei den TV-Auseinandersetzungen. Ganz allein auf die Zugkraft ihres Spitzenkandidaten will die Volkspartei aber offensichtlich doch nicht setzen: In der ersten Plakatwelle verzichtet man darauf, ihn auch herzuzeigen, und bietet dafür Wohlfühlfotos.

Inhaltlich setzt die ÖVP auf ein zentrales Thema: Sie präsentiert sich als die Partei der Wirtschaft, diese soll „entfesselt“ werden. Und: Die ÖVP sei der Garant für die Schaffung von Arbeitsplätzen. Damit zielt man auf jene Kernwähler ab, die der Volkspartei höhere Wirtschaftskompetenz zubilligen. Ganz ungefährlich ist diese Zuspitzung aber auch nicht: Denn einerseits hat gerade Spindelegger, der aus dem Arbeitnehmerflügel der ÖVP kommt, nicht unbedingt das Image des Wirtschaftsfachmannes. Andererseits kann man zu Recht fragen, warum die ÖVP in den vergangenen 26 Jahren in der Regierung die Wirtschaft nicht längst entfesselt hat.

Zugkräftiger ist da schon die Ablehnung der SPÖ-Überlegungen für eine Reichensteuer: Mit den „Faymann-Steuern“ hat die ÖVP einen Begriff geprägt, der zweifellos hängen bleibt und jenen Mittelstand mobilisieren kann, der befürchtet, mit seinem Eigenheim auch von einer Reichensteuer betroffen zu sein.

Die Abschiebung der Votivkirchen-Besetzer ist ein weiteres Wahlkampfthema. Ob das Vorgehen von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner der ÖVP genutzt oder geschadet hat, ist umstritten. Möglicherweise war es ein Nullsummenspiel: Einige Stimmen am rechten Rand gewonnen, dafür einige liberale Bürgerliche abgeschreckt.

Und ein Wahlkampfthema hätte man sich wohl lieber erspart: Nach der Vergewaltigung eines Jugendlichen im Gefängnis hat Justizministerin Beatrix Karl keine glückliche Figur gemacht. Mit ungeschickten Äußerungen konnte sie weder bei Liberalen noch bei konservativen Hardlinern punkten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2013)

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