ÖVP-Rebellen, gefeiert und gefallen

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oeVPRebellen gefeiert gefallen(c) Clemens Fabry
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Während Lindner einen Rückzieher macht, zogen andere den Bruch mit der ÖVP durch. Für manche war dies das Ende der Karriere, für andere erst der Beginn.

Wien. Monika Lindner tritt also nicht für das Team Stronach an. „Das ist meine eigene Entscheidung gewesen“, sagte die Ex-ORF-Generaldirektorin am Freitag zur „Presse“. Und: „Es hat keinen Druck gegeben.“ Lindner, nicht ÖVP-Mitglied, aber der schwarzen Reichshälfte zugeordnet, begründet ihren Entschluss mit Äußerungen von Stronachs Klubchef Robert Lugar. Dieser hatte erklärt, Lindner solle die „Speerspitze“ gegen das System ORF, Raiffeisen und Erwin Pröll sein.

Dabei wäre es nicht das erste Mal gewesen, dass ein „Schwarzer“ für eine andere Partei als die ÖVP an den Start geht. Wobei sich jemand, der der Partei Adieu sagt, auf gehörigen Gegenwind gefasst machen muss. Als etwa der langjährige steirische ÖVP-Landesrat Gerhard Hirschmann 2005 beschloss, gegen Landeshauptfrau Waltraud Klasnic zu kandidieren, schaute es in Umfragen zunächst gut für den Rebellen aus. Dann wurde publik, dass Hirschmann eine „anonyme Spende“ von 290.000 Euro erhalten hat, sie soll Teil seiner Abfertigung als Vorstand des steirischen Landesenergieversorgers Estag gewesen sein. Schwarzgeldvorwürfe wurden laut, was Hirschmann stets bestritt. Er ortete eine ÖVP-Kampagne gegen ihn. Die Inszenierung Hirschmanns als der skandalfreie, bessere Schwarze war jedenfalls zerstört, statt der ursprünglich vorhergesagten acht Prozent, kam Hirschmann am Wahlabend nur auf zwei Prozent. Der ÖVP erging es aber im Zug der Landeskandale noch schlechter. Sie verlor den Landeshauptmann an die SPÖ.

Doch man kann als schwarzer Rebell auch Karriere machen. Herwig van Staa wurde Anfang der 1990er-Jahre wegen Kritik aus dem ÖVP-Gemeinderatsklub in Innsbruck ausgeschlossen. Er gründete seine eigene Liste Für Innsbruck, erlangte den Bürgermeistersessel und wurde später ÖVP-Landeshauptmann. Auch heute noch ist Tirol ein Paradies für schwarze Revoluzzer: Bei der vergangenen Landtagswahl im April sah sich ÖVP-Chef Günther Platter gleich vier Konkurrenzlisten aus dem schwarzen Lager gegenüber. Der Gesamteffekt war für die Gesinnungsgemeinschaft aber positiv: Platter blieb im Amt, gleichzeitig kamen auch zwei andere „schwarze Parteien“ in den Landtag.

Auch der einstige schwarze Arbeiterkammer-Präsident Fritz Dinkhauser zog von Tirol aus, um die ÖVP das Fürchten zu lehren. Auf Landesebene klappte das gut: Im Jahr 2008 errang er 18,4 Prozent und schadete der Mutterpartei massiv. Als Dinkhauser bei der Nationalratswahl 2008 aber die Bundes-ÖVP forderte, ging das Experiment schief. Den Ostösterreichern war der Urtiroler schwer vermittelbar, er erhielt nur 1,8 Prozentpunkte.

Schwarzer Präsident vs. schwarzen Kanzler

Aus komfortabler Position legte sich Thomas Klestil mit der Mutterpartei an. Als Bundespräsident ging er auf Distanz zur Schüssel-ÖVP und lobte schließlich 2000 mit eisiger Miene die schwarz-blaue Regierung an. Der Unmut über Klestil, der der ÖVP seinen Aufstieg vom unbekannten Diplomaten zum Bundespräsidenten zu verdanken hat, war in den schwarzen Reihen deutlich zu hören.

Zurück zur Gegenwart: Dass die Symbiose ÖVP-Rebell und Team Stronach doch erfolgreich sein kann, zeigt Hans Mayr. Der ÖVP-Bürgermeister aus Goldegg erlangte als Stronachs Spitzenkandidat bei der Salzburger Landtagswahl 8,3 Prozent und wurde Landesrat. Auch der einstige steirische Landesrat Herbert Paierl gilt als Rebell und scheute nie den Konflikt mit der ÖVP. Paierl war bis zum Vorjahr im Magna-Konzern tätig und ist nun selbstständiger Consulter. Er habe Stronach aber nie politisch beraten, betont Paierl. Eine Kandidatur für Stronachs Partei wurde trotzdem mehrfach kolportiert. Zum völligen Bruch Paierls mit der ÖVP kam es aber nie, 2008 wäre Paierl fast Wirtschaftsminister geworden, bevor die Oberösterreicher den Posten für Reinhold Mitterlehner reklamierten.

Bei der heurigen Nationalratswahl tritt ein neuer ÖVP-Rebell an: Neos-Kandidat Matthias Strolz war einst außerordentliches Mitglied im Wirtschaftsbund und Vertreter der ÖVP-nahen Studentenfraktion Aktionsgemeinschaft. Mit an Bord bei den Neos ist auch der Goldegger Hotelier Sepp Schellhorn, ein Gemeindevertreter der ÖVP. Die Neos halten bei Umfragen bei zwei bis drei Prozent. Stimmen, die der ÖVP beim Kampf um Platz eins fehlen könnten. Nicht zuletzt deswegen warnen ÖVP-Funktionäre hinter vorgehaltener Hand davor, die Neos zu wählen, während man im offiziellen Wahlkampf darauf setzt, die „Rebellen“ zu ignorieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2013)


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