Haselsteiner: "Schmiergeld lehne ich grundsätzlich ab"

Haselsteiner Schmiergeld lehne grundsaetzlich
Haselsteiner Schmiergeld lehne grundsaetzlich(c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Neos-Ministerkandidat Hans Peter Haselsteiner hält Reichensteuern für eine Frage der Hygiene. Eine klassische Vermögenssteuer lehnt er jedoch ab. Warum er Ute Bock sponsert, und was ihn mit Christian Konrad verbindet.

Die Neos galten bisher als unangreifbar. Ihr Eintritt in den Wahlkampf bietet dem politischen Gegner nun die Chance, die Neos mit Schmiergeldvorwürfen die Strabag betreffend in Verbindung zu bringen. Wie 2008 – als das LIF damit konfrontiert war.

Hans Peter Haselsteiner: Nachdem das Verfahren eingestellt wurde, die Haltlosigkeit dieses Vorwurfs von Hans-Peter Martin also bewiesen ist, hoffe ich doch, dass man es nicht zulässt, einen Unternehmer, der sich politisch engagiert, mit Dreck zu bewerfen.

Sie haben heuer in einem Ö3-Interview gesagt, dass es im Baugewerbe früher durchaus üblich war, Schmiergeld zu zahlen...

Ich habe damals nicht über das Baugewerbe gesprochen, sondern über die Wirtschaft insgesamt. Vor 20, 30 Jahren war es üblich, dass ein Parteisekretär im Wahlkampf zu jedem Betrieb fechten ging. Dann hat er zwischen 500 und 50.000 Schilling bekommen. Zum Glück ist das heute nicht mehr möglich.

In Ungarn haben Sie damals also definitiv keine Politiker sponsern lassen, um Aufträge für die Strabag zu lukrieren?

Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt. Die Vorwürfe wurden fünf Jahre lang untersucht. Vor Kurzem hat das Oberlandesgericht das Verfahren eingestellt.

Haben Sie jemals Schmiergeld bezahlt?

Ich lehne Schmiergeld grundsätzlich ab. Es wäre wirtschaftlich auch vollkommen pervers, wenn wir den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Und unser Ast in ein fairer Wettbewerb.

Sie sind das Angebot der Neos für Unternehmer. Manch einer könnte Ihnen allerdings Ihre Nähe zur SPÖ übel nehmen. 2006 haben Sie eine Wahlplattform zwischen dem Liberalen Forum und der SPÖ eingefädelt – über Ihren Freund Alfred Gusenbauer.

Ich bin ein strategischer Denker. Und eine Nähe habe ich nur zum LIF, das dieses Mal mit den Neos kooperiert. Das hat mir meine Entscheidung erleichtert. Unser gemeinsames Ziel ist es, die rot-schwarze Mehrheit zu brechen.

Sie wollen, dass „unvernünftig hohe Einkommen unvernünftig hoch besteuert werden“. Diese Woche haben Sie einen neuen Vorschlag eingebracht: Von der 50.Million, die jemand verdient, sollte nur das Durchschnittseinkommen eines Österreichers übrig bleiben, also 50.000 Euro. Das entspräche einem Grenzsteuersatz von 95 Prozent.

Das Mitleid mit Einkommensbeziehern in dieser Größenordnung würde sich in Grenzen halten. Zumindest meines.

Reiche sollen deutlich mehr Steuern zahlen, kleinere und mittlere Einkommen aber entlastet werden. Kann man Ihre Steuerpläne so zusammenfassen?

Ja. Derzeit greift der Höchststeuersatz von 50 Prozent bereits bei einem Jahreseinkommen von 60.000 Euro. Das ist absurd. Wo bleibt der Leistungsanreiz?

Mit dieser Position stehen Sie deutlich links von den Neos.

Wo man steht, liegt immer im Auge des Betrachters.

Wo sehen Sie sich denn stehen?

In der Mitte. Und ich glaube, dass ich einen Standpunkt vertrete, der für die meisten nachvollziehbar ist. Reiche müssen einen entsprechenden Beitrag leisten, damit sich die weniger Begünstigten nicht ungerecht behandelt fühlen. Das ist eine Frage der Hygiene.

Ihr Steuerkonzept beinhaltet auch eine Erhöhung der Grundsteuer und die Wiedereinführung der Erbschaftssteuer. Warum nicht auch eine Steuer auf Vermögenssubstanzen?

Die Grundsteuer ist eine Vermögenssubstanzsteuer.

Aber sie erfasst keine Finanzvermögen.

Das Finanzvermögen ist flüchtig. Mein Hauptargument gegen die klassische Vermögenssteuer ist aber ein anderes: Vermögen kann auch ertraglos sein. Man kann vermögend sein und trotzdem kein Geld haben. Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe viele Jahre Vermögenssteuer bezahlt und sie mir eigentlich nicht leisten können. Da ich das Geld nicht herausnehmen konnte.

Linke Ökonomen würden sagen: Dann müssen Sie Teile Ihres Vermögens verwerten.

Genau das sollte man mit so einer Steuer eben nicht erzwingen. Damit schadet man der Wirtschaft.

Sie spenden viel Geld für soziale Zwecke, unter anderem auch für Ute Bock und Pater Sporschill. Wie haben Sie die Debatte um die Votivkirchen-Flüchtlinge erlebt?

Ich kenne die Details nicht, aber wahrscheinlich waren beide Seiten schlecht beraten. Aber im Zweifel stehe ich immer auf der Seite der Flüchtlinge, denn das sind die ärmeren Hund'.

Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, wen Sie unterstützen?

Ich glaube, dass eine Ute Bock oder eine Cecily Corti unverzichtbar sind, weil sie sich für das unterste Segment engagieren. Bock kümmert sich um die Ärmsten der Armen. Und Corti nimmt die Menschen auch mit Partner, Hund und Schnaps, weil sie weiß, dass sie ohne lieber unter der Brücke bleiben.

Warum spenden Sie? Da Sie ein schlechtes Gewissen haben? Oder aus Mitgefühl?

49Prozent unserer Familienstiftung fließen in kulturelle und soziale Projekte. Da möchte ich mich auch persönlich einbringen. Dafür wird man reich belohnt. Wenn ein Kind, das ich zehn Jahre begleitet habe, in der Republik Moldau maturiert, habe ich eine Freude.

Und die Neos zahlen Sie aus der Portokassa?

Ich möchte das nicht kommentieren.

Bis jetzt haben Sie über 400.000 Euro überwiesen. Wie viel werden es noch?

Keine Ahnung. Mein Zuschuss ist meinem Einkommen angemessen.

Sie werden im Falle des Falles die Koalitionsverhandlungen für die Neos führen. Welche Koalition wäre Ihnen am liebsten?

Ich denke, dass Rot-Schwarz-Pink das vernünftigste Modell wäre. Ohne Mediator können SPÖ und ÖVP ihre Möglichkeiten nicht ausschöpfen.

Neos-Chef Strolz will Schwarz-Grün-Pink.

Wo ist da ein Widerspruch? Das heißt ja nicht, dass Rot-Schwarz-Pink für Strolz nicht infrage kommt. Ich würde auch mit Schwarz und Grün verhandeln. Ich glaube nur, dass das schwieriger wäre.

Christoph Leitl findet, der Standort Österreich sei abgesandelt. Sie auch?

Das war eine Beleidigung für Österreich. Und ich bin fassungslos, dass man so etwas in einem Wahlkampf sagen kann – wissend, dass die eigene Partei die Wirtschaftspolitik der vergangenen 25 Jahre maßgeblich bestimmt hat.

Der ÖVP gehört auch Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad an, mit dem Sie eng befreundet sind. Wie muss man sich diese Freundschaft vorstellen – angesichts der unterschiedlichen Weltanschauungen?

Christian Konrad ist ein gescheiter Mensch. Und für einen gescheiten Menschen gibt es andere Meinungen auch. Sonst wären wir nicht befreundet.

Diskutieren Sie oft über Politik?

Wir streiten dabei auch anständig. Aber ich weiß, was ich an ihm habe – und umgekehrt. Er muss halt immer öfter sagen: „Hmm, ist nicht optimal gelaufen.“

Vielleicht wählt Konrad dieses Mal die Neos.

Ich glaube, das könnte er mit seinem Gewissen nicht vereinbaren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.09.2013)

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