Straches Wahlkampf mit Schalldämpfer

Straches Wahlkampf
Straches Wahlkampf(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache präsentiert sich neuerdings milde und sachlich, um neue Wählerschichten anzusprechen. Die Strategie scheint aufzugehen. Dank Frank Stronach.

Wien. Es ist ruhig geworden um die FPÖ. Sehr ruhig. Inhaltlich wirkt die Partei, deren Anführer stets in der Lage waren, im Wahlkampf Themen zu setzen, wie versteinert: „Rot und Schwarz“ werden als eigennützige EU-Vasallen gebrandmarkt, während sich die FPÖ zur Schutzpatronin der „echten Österreicher“ stilisiert. Neue Reformkonzepte: Gibt es nicht. Der Protest ist Programm. So weit, so erwartbar.

Auch die gezielte Provokation, die in der Regel moralische Empörung nach sich zog und den Freiheitlichen erst recht nützte, ist bisher ausgeblieben. Gut, über Heinz-Christian Straches sehr spezielle Form der Nächstenliebe wurde kurz diskutiert. Aber eben nur kurz.

Im Fernsehen gibt sich der Parteichef neuerdings staatsmännisch: Die aggressiven Töne sind moderaten gewichen. Die Gegner werden nicht mehr herabgewürdigt, sondern zivilisiert kritisiert. Frank Stronach, seinem großen Widersacher, begegnete Strache im ORF-Wahlduell am Donnerstag sogar mit Respekt. Für das Lebenswerk des Milliardärs ließ er Bewunderung durchklingen, über dessen Scherze lächelte er verhalten. Hat der FPÖ-Chef seine Angriffslust verloren?

Stronach geht auf Distanz zur FPÖ

Der Schein trügt. Straches Wahlkampf mit Schalldämpfer ist das Ergebnis einer bewussten Entscheidung. Generalsekretär Herbert Kickl hat seinen Chef neu erfunden. Der milde, sachliche Strache soll neue Wählerschichten erschließen, die sich vom üblichen Gepoltere abgestoßen fühlen: Pensionisten, Frauen, Familien. So glaubt die FPÖ kompensieren zu können, was ihr an anderer Stelle wegbricht. Denn der klassische Blauwähler – männlich, eher ungebildet und unzufrieden mit seinem Leben – hat mit Stronach plötzlich eine programmatisch adäquate Alternative.

Die Strategie geht auf – auch, weil sich Stronach, der am Freitag via ORF-Radio eine Koalition mit der FPÖ ausgeschlossen hat („zu rechts“), mit radikalen Vorschlägen selbst schadet. Sympathien für die Todesstrafe – und sei es nur der Berufskiller wegen – schrecken mehr Wähler ab, als sie ansprechen. In den Umfragen ist die FPÖ daher wieder im Vormarsch. Bei Gallup kam sie am Freitag auf 20 Prozent. „Es zeigt sich, dass wir im selben Ausmaß dazugewinnen, in dem Stronach verliert“, analysiert der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer.

Überraschend sei das nicht: „Stronach spricht die einfältigsten Protestreflexe an, wobei wir das – zugegeben – früher auch getan haben.“ Dieses Mal trete die FPÖ „softer“ auf, ohne dabei die Kernwähler außer Acht zu lassen. Den „bewährten Themen“ sei man nämlich treu geblieben, sagt Mölzer. Auch wenn die Migration „nur indirekt“ angesprochen werde.

Das Kanzleramt bleibt für Strache allerdings außer Reichweite. Vor einem Jahr hatte die FPÖ noch Chancen auf Platz eins. Doch dann folgte ein Rückschlag auf den nächsten: Die Gründung des Teams Stronach. Korruptionsaffären rund um Jörg Haider und seinen Hofstaat. Und die daraus resultierende Wahlniederlage in Kärnten. „Die Leute“, sagt Mölzer, „sind so angefressen auf die Politik, dass sie sogar eine Vogelscheuche wählen würden. Womit ich nicht sagen will, dass Stronach eine Vogelscheuche ist.“ Aber im Gegensatz zur FPÖ werde der Neo-Politiker nicht zum Establishment gezählt.

Sorge um Kärnten

Die Parteiführung ist dennoch optimistisch. Oder besser: zweckoptimistisch. Die Funktionäre seien „kämpferisch“, sagt Vizeparteichef Norbert Hofer. Am Land setze man derzeit auf Hausbesuche, in den Städten ganz auf Strache.

Einzig Kärnten bereitet der FPÖ-Spitze Sorgen. Die Wiedervereinigung mit der FPK hat die Erwartungen nicht erfüllt. „Die Kärntner sind nach wie vor enttäuscht. Das bekommt man nicht so schnell aus den Köpfen heraus“, gesteht Mölzer. Weshalb es „schon super wäre, wenn wir bei der Nationalratswahl wenigstens den Kern halten könnten“, also 15 bis 20 Prozent. Vor fünf Jahren hatte Jörg Haider, damals mit dem BZÖ, in Kärnten noch 38,5 Prozent geholt. Die FPÖ kam daneben auf 7,6 Prozent.
Ein zurückhaltender Strache ist am Abend des 29. September allerdings nicht zu erwarten. Immerhin musste sich die FPÖ im Jahr 2008 mit einem Gesamtergebnis von 17,5 Prozent begnügen. Das sollte dieses Mal zu überbieten sein.

Auf einen Blick

Vor einem Jahr wetteiferte die FPÖ in den Umfragen noch um Platz eins mit der SPÖ. Das Team Stronach und einige Korruptionsaffären katapultierten sie wieder unter 20 Prozent. Dank Frank Stronachs, der sich zuletzt mit radikalen Vorschlägen selbst geschadet hat, ist die FPÖ wieder im Aufwind. Das Kanzleramt bleibt für Parteichef Heinz-Christian Strache aber außer Reichweite.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2013)


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