Wer mit wem wie regieren könnte

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Eine Große Koalition bedeutet Konstanz, viele Reformen bleiben aber auf der Strecke. Eine Dreierkoalition bringt eher inhaltliche Neuerungen, birgt aber auch die Gefahr instabiler Verhältnisse.

Wien. Die Ausgangssituation ist klar: Geht sich nach der Nationalratswahl wieder Rot-Schwarz aus, dürfte es diese Regierung weiterhin geben. Schaffen aber BZÖ und Neos den Parlamentseinzug, könnte die Regierungsmehrheit schwinden. Und dann wären selbst die buntesten Koalitionsvarianten möglich – mit allen Vor- und Nachteilen.

„Die Presse“ hat sich die möglichen Regierungsvarianten angesehen. Und geprüft, wie wahrscheinlich sie sind und welche inhaltlichen Folgen sie haben könnten. Von vornherein ausgeschlossen wurden Koalitionsvarianten, die sich laut Umfragen nicht ausgehen: also etwa Rot-Grün oder Schwarz-Blau.

Stabil, aber ohne große Reformen

Die wahrscheinlichste Variante nach der Wahl: Alles bleibt wie bisher, und SPÖ und ÖVP regieren – wenn auch mit möglichen personellen Veränderungen – weiter. In einigen Punkten wird man sich zusammenraufen: So könnte die ÖVP der von der SPÖ gewünschten Erbschafts- und Schenkungssteuer zustimmen und im Gegenzug Steuererleichterungen, etwa bei den Lohnnebenkosten, ausverhandeln. Eine Steuerreform wollen ohnedies beide, man wird sich auf einen Mittelweg verständigen. Auch haben beide Parteien Maßnahmen versprochen, um das Wohnen günstiger zu machen. Die rot-schwarze Koalitionsvariante wäre die stabilste und würde am ehesten fünf Jahre halten.

Der Nachteil: Das System bleibt gleich, die Aufteilung von öffentlichen Posten an die rote und schwarze Reichshälfte geht weiter. Und in bestimmten Bereichen, etwa bei der Bildung, sind wegen der zu unterschiedlichen Positionen keine großen Reformen zu erwarten.

Wahrscheinlichkeit: 4 von 5

Weniger Proporz, linkes Übergewicht

Verliert die Regierung die Mehrheit, wäre eine Regierung von SPÖ, ÖVP und Grünen die realistischste Variante. Die Einbeziehung der Grünen würde rot-schwarzen Postenschacher erschweren. Aber der Streitfaktor wäre bei jeder Dreierkoalition größer. Die SPÖ würde inhaltlich profitieren, da sich die Grünen öfter auf die Seite der Roten schlagen würden.

Wahrscheinlichkeit: 3 von 5

Pensionsreform in Griffweite

Kommen die Neos ins Parlament, könnten sie eine Dreierkoalition mit SPÖ und ÖVP eingehen. Hier gilt Ähnliches wie bei Rot-Schwarz-Grün, nur dass sich diesmal die ÖVP nicht ganz so unwohl fühlen würde. Die ÖVP und die Neos würden bei der SPÖ Druck auf Pensionsreformen machen. Beim Thema Bildung könnten Neos und SPÖ besser miteinander.

Wahrscheinlichkeit: 1 von 5

Reichensteuer und Bildungsreform

Eine Koalition von ÖVP, Grünen und Neos wäre inhaltlich logischer, geht sich aber nicht aus. Rot-Grün-Neos könnte eine Mehrheit finden. Eine Bildungsreform wollen alle drei. Reichensteuern wären denkbar, wenn sich bei den Neos inhaltlich der Haselsteiner- gegen den rechtsliberalen Flügel durchsetzt. Nur gilt Haselsteiner selbst nicht als Grünen-Fan.

Wahrscheinlichkeit: 1 von 5

Rechtskoalition mit ÖVP-Kanzler

Eine der wenigen Chancen für ÖVP-Chef Michael Spindelegger, auch von Platz zwei am Wahltag aus Kanzler zu werden, ist eine Koalition der ÖVP mit FPÖ und Stronach. Allerdings müsste die ÖVP dann gleich zwei Populisten zähmen. Und fast noch wichtiger: Der mächtige Landeshauptmann Erwin Pröll ist gegen eine Rechtskoalition.

Wahrscheinlichkeit: 2 von 5

Da capo für die Schüssel-Koalition

Auch eine Koalition der ÖVP mit FPÖ und BZÖwäre möglich, sofern die Orangen es in den Nationalrat schaffen. Wenn es darauf ankommt, würden sich die freiheitlichen Lager versöhnen. Diese Koalition dürfte der FPÖ zuliebe striktere Regeln im Fremdenrecht bringen. ÖVP und BZÖ könnten in Wirtschaftsfragen gut miteinander. Michael Spindelegger könnte Kanzler werden, aber fast unlösbare Probleme in der EU-Politik bekommen. Realistisch ist diese Koalitionsvariante nicht, auch wenn alle drei die Abneigung gegen die SPÖ eint.

Wahrscheinlichkeit: 1 von 5

Mysteriöse Mozart-Koalition

Grünen-Chefin Eva Glawischnig schließt diese Koalition im Bund aus. Doch in Salzburg arbeiten ÖVP, Team Stronach und Grüne gut zusammen. Dass die Koalitionsmusik aus der Mozart-Stadt auch in Wien ankommt, scheint unrealistisch, aber nicht unmöglich. Inhaltlich wäre die Koalition für Reformen zu haben. Für welche? Das lässt sich bei dieser mysteriösen Kombination kaum sagen.

Wahrscheinlichkeit: 1 von 5

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2013)


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.