Vertreter von Gewerkschaft und Arbeiterkammer plädieren für Gespräche der SPÖ mit der FPÖ. Es sei ein "fataler Fehler", sich auf die ÖVP zu fixieren.
Der Kurs von SPÖ-Chef Werner Faymann bei der Regierungsbildung stößt auf innerparteiliche Ablehnung. Wie das Ö1-"Mittagsjournal" am Mittwoch berichtet, kritisieren mehrere Vertreter von Gewerkschaft und Arbeiterkammer, dass der Kanzler nur mit der Volkspartei verhandeln will.
"Wir begeben uns mit dieser Position in die Geiselhaft der ÖVP. Die SPÖ hat dann gar keine andere Option, als die Bedingungen der ÖVP anzunehmen", sagte der Salzburger Arbeiterkammer-Präsident Siegfried Pichler dem Sender. Die Partei solle auch mit der FPÖ verhandeln. Es gebe zwar "starke Grenzen", wie das Ausländerthema oder die EU, "aber es gibt wahrscheinlich auch viele Gemeinsamkeiten", etwa bei den Pensionen.
Fixierung auf ÖVP "fataler Fehler"
Auch Norbert Loacker, der ÖGB-Vorsitzende von Vorarlberg, hält die Fixierung auf den bisherigen Koalitionspartner "für einen fatalen Fehler". Man könne nicht die gesamte Wählergruppe der FPÖ ausschließen. Horst Schachner vom steirischen ÖGB tritt ebenfalls für Gespräche mit den Blauen ein: "Es sind nicht alle über den rechten Rand hinaus, die die FPÖ gewählt haben." Man solle mit allen Parteien reden.
"Ich habe die Angst, das wir wieder die Hosen runterlassen müssen bis unter die Knöcheln wie damals 2006 unter Gusenbauer, nur um mit der ÖVP eine Regierung zustande zu bekommen", erklärte Josef Muchitsch von der Gewerkschaft Bau-Holz. Sollte die ÖVP zu viel fordern, müsse die SPÖ auch nach einer anderen Koalitionsvariante "schielen".
Nikoalus Kowall, sozialdemokratischer Jugendvertreter der Sektion 8, kann sich zwar keine Zusammenarbeit mit der FPÖ vorstellen, ortete aber vereinzelte, inhaltliche Überschneidungen. "Immerhin haben wir mit der FPLÖ damals die Studiengebühren abgeschafft, den Eurofighter-Untersuchungsausschuss eingesetzt, und da hat sich auch niemand aufgeregt." Daher könne man auf parlamentarischer Ebene auf jeden Fall mit der FPÖ kooperieren, eine Minderheitsregierung sei eine mögliche Variante.
Cap führt Gespräche mit Nationalratsfraktionen
Faymann hat auf der Suche nach einem Ausweg aus dem Dilemma bei der Regierungsbildung zuletzt SP-Klubchef Josef Cap mit Gesprächen auf der parlamentarischen Ebene mit allen Parteien beauftragt. Cap erklärte dazu am Mittwoch, er habe nach einer ersten Telefonrunde bereits für Donnerstag einen Termin mit den Neos vereinbart.
Auch mit den anderen Fraktionen soll es demnächst Gespräche geben. Als geplante Themen nannte Cap Europafragen, das Lehrerdienstrecht und die Geschäftsordnung im Nationalrat an.
(Red.)