Werner Faymanns Rechts-Verbinder

Josef Cap
Josef CapAPA/GEORG HOCHMUTH
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Josef Cap ist ein Chamäleon, das im politischen Betrieb mit charmantem Opportunismus zu überleben gelernt hat. Jetzt soll der SPÖ-Klubobmann Kontakt zu den Freiheitlichen herstellen.

Wien. Angeblich war Josef Cap einmal ein Revoluzzer. Sagen zumindest jene, die ihn beim SPÖ-Parteitag 1982 erlebt haben, als der damals 30-jährige Juso-Chef dem burgenländischen Landeshauptmann Theodor Kery die berühmt gewordenen drei Fragen gestellt hat: Verdienst du mehr als der Kanzler? Beziehst du verbilligten Strom? Schießt du gern mit der Pistole?

Man kann sich das eigentlich nicht mehr vorstellen. Die Jüngeren haben ihn nicht mehr gekannt, den Parteirebellen Josef Cap. Sie sehen im heutigen Klubobmann der SPÖ sogar das Gegenteil des Widerspenstigen: ein politisches Chamäleon, das in seiner rhetorischen Brillanz zwei konträre Meinungen zum selben Thema gleichermaßen überzeugend vertreten kann.

Der mittlerweile 61-jährige Josef Cap ist ein Meister des Umdeutens und Schönredens, ein vehementer Vertreter des (in seiner Partei) gerade Gefragten. Wäre Werner Faymann für Rot-Blau, Cap würde umgehend die demokratische Legitimation der FPÖ preisen. Wollte der SPÖ-Chef eine rot-grüne Minderheitsregierung, sein Klubchef wüsste aber nun wirklich keinen anderen Ausweg, echt jetzt. Da aber Faymann mit der ÖVP weiterregieren möchte, sagt Cap dieser Tage: „Für die SPÖ gibt es keine Alternative zur Großen Koalition.“

Gibt es nicht? Auffällig ist, dass Faymann seinen Klubobmann beauftragt hat, im Parlament das Gespräch mit allen Fraktionen zu suchen. Offiziell, um die Positionen für etwaige Verfassungsgesetze auszuloten. Aber wohl auch, um herauszufinden, ob auch jenseits der ÖVP Mehrheiten zu finden wären.

Am Dienstagabend geriet Cap deshalb in Erklärungsnotstand. Heinz-Christian Strache hatte behauptet, sein SPÖ-Kollege hätte bereits am Wahlsonntag in Faymanns Auftrag Kontakt zur FPÖ aufgenommen. Caps Dementi ließ nicht lange auf sich warten. „Völlig falsch“, sagte ein Sprecher des SPÖ-Klubs.

Das war glaubwürdig. Von Cap und von Strache. Denn wenn es einen Rechts-Verbinder in der SPÖ gibt, dann ihren Klubobmann. „Cap ist der Einzige aus der Parteispitze, der regelmäßig das Gespräch mit uns sucht“, sagt ein FPÖ-Funktionär. Er habe ihn als angenehmen Menschen mit einem guten Schmäh kennengelernt. Kritik müsse er oft zu Unrecht einstecken.

Die FPÖ will lieber mit der SPÖ

Cap, der etwa gegen einen EU-Beitritt der Türkei ist und generell nicht zum linken Parteiflügel zählt, könnte ein Mitgrund sein, warum die FPÖ gerade ihre Sympathien für die SPÖ entdeckt. Wenn schon regieren, dann lieber mit den Sozialdemokraten, sagte ein Freiheitlicher am Mittwoch zur „Presse“: „Die Verhandlungen würden zwar länger dauern. Allerdings wäre das Regierungsprogramm dann in Stein gemeißelt. Bei der ÖVP mit ihren vielen Bünde- und Länderinteressen wären wir uns nicht so sicher.“

So weit ist es allerdings noch lange nicht. Seinen ersten Sondierungstermin hat Cap zwar schon heute, Donnerstag, aber nicht bei der FPÖ, sondern bei den Neos.

Dass er derlei Verhandlungen auch in der nächsten Periode – es wäre seine neunte – für die SPÖ führen wird, bezweifelte Cap am Mittwoch keine Sekunde lang, auch wenn er demütig einräumte: Um zu bleiben, was er sei, müsse er im SPÖ-Klub die nötige Unterstützung erhalten. Und von Faymann – das sagte er allerdings nicht dazu.

Überraschen würde das jedenfalls nicht, denn Cap ist ein politischer Überlebenskünstler. Dem Nationalrat gehört er seit 1983 an. Sieben Parteivorsitzende hat er kommen gesehen, sechs davon wieder gehen. Unter Franz Vranitzky war er Zentralsekretär der SPÖ, Viktor Klima schob ihn in die Zukunftswerkstätte ab, Alfred Gusenbauer holte ihn wieder zurück und machte ihn 2001 zum Klubobmann. Zu Faymann sagt man Cap nicht das beste Verhältnis nach. Immer wieder tauchen Ablösegerüchte auf. Das jüngste: Cap werde demnächst Norbert Darabos Platz machen müssen.

Allerdings hat der aktuelle SPÖ-Chef seinen Klubobmann – ein gebildetes, manchmal charmantes, manchmal zynisches Exemplar – als rhetorische Allzweckwaffe schätzen gelernt. Man muss nicht Josef Caps bester Freund sein, um sich auf ihn verlassen zu können. Es reicht, ihm einen Job zu geben, in dem er sein Sendungsbewusstsein ausleben kann. Klubchef ist ein solcher. Der Nationalratspräsident wäre es auch, dereinst.

ZUR PERSON

Josef Cap, 61, stammt aus einer Wiener Familie. Er studierte Jus und Politikwissenschaften. Als SJ-Vorsitzender sorgte er 1982 mit seinen drei Fragen an Theodor Kery für einen Eklat in der SPÖ. Ein Jahr später schaffte er es mit über 62.000 Vorzugsstimmen in das Parlament. Von 1988 bis 1995 war Cap Zentralsekretär der SPÖ. Seit 2001 ist er Klubobmann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2013)

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