„Die ÖVP spielt das Spiel ,Wo kann ich etwas herausquetschen?‘“

NARIONALRAT: KATZIAN
NARIONALRAT: KATZIANAPA/ROLAND SCHLAGER
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Der Chef der SPÖ-Gewerkschafter, Wolfgang Katzian, sieht in der SPÖ niemanden, der ernsthaft Lust auf eine Koalition mit der FPÖ hat. Bei den Arbeitnehmern müsse sich seine Partei mehr anstrengen.

Die Presse: Wie groß ist für Sie als Chef der SPÖ-Gewerkschafter der Schock über das schlechteste SPÖ-Ergebnis seit 1945?

Wolfgang Katzian: Natürlich freut das niemanden. Wir haben einen guten Wahlkampf gemacht und ein positives Feedback aus den Betrieben gehabt. Aber es sind Sondersituationen dazugekommen.

Welche?

Erweitertes Parteienangebot, die Situation in der Steiermark. Am Ende des Tages überwiegt die Freude, dass wir Erster sind. Das heißt auch klar: den Auftrag eine Regierung zu bilden.

An Sie als Gewerkschafter: Es sind nicht nur in der Steiermark Arbeitnehmer zur FPÖ abgewandert. Wer hat da versagt?

Es geht nicht um Versagen. Gäbe es eine einzige richtige Antwort, hätten wir das geändert. Es ist kein Prozess, der sich bei dieser Wahl das erste Mal offenbart hat. Da braucht es noch stärkere Bemühungen in der Kommunikation, im Deutlichmachen, was die konkreten Pläne zur Verbesserung der Lebensrealität der Arbeitnehmer sind. Das ist teilweise gelungen, aber offensichtlich nicht gut genug. Da müssen wir uns noch mehr anstrengen.

Bundeskanzler Faymann hat erklärt, nur mit der ÖVP Koalitionsgespräche zu führen. SPÖ-Funktionäre beklagen, man begebe sich in Geiselhaft der ÖVP.

Verhandlungstaktisch ist es immer besser, wenn ich zwei Optionen habe. Aber Politik hat nicht nur mit Verhandlungen und Geschiebe zu tun, sondern sehr viel mit Haltung. Da ist die Linie des Bundeskanzlers, die auch zu 100 Prozent meine Linie ist, klar: Mit einer Partei, die so ein gestörtes Verhältnis zum Rechtsextremismus hat, gibt es sicher keine Koalition.

Aber mit den Freiheitlichen gibt es nicht nur bei der Wählerschaft, sondern auch bei Inhalten Berührungspunkte.

Ja, im sozialpolitischen Bereich gibt es Schnittmengen. Aber das Problem ist, die FPÖ hat Forderungen aufgestellt, die in der Regel sehr viel Geld kosten, und zur Gegenfinanzierung kommt nichts oder sehr vage Aussagen zu Verwaltungsreformen.

Wie stark ist der Druck der SPÖ-Basis, mit der FPÖ zu reden?

Ich orte den Druck nicht. Natürlich gibt es immer wieder Diskussionen: Was spricht dafür, was dagegen? Niemand hat ernsthaft Lust, mit den Freiheitlichen eine Koalition zu bilden.

Zum Beispiel der ehemalige Innenminister Karl Schlögl.

Nächste Frage!

Wie realistisch ist angesichts der Bedenken in der ÖVP eine Neuauflage von Rot-Schwarz?

Faymann hat vor der Wahl gesagt, er wird mit der ÖVP verhandeln – das hält er. Die ÖVP destilliert nun aus dem Ergebnis einen Sieg heraus und versucht, den Preis in die Höhe zu treiben. Die einen sagen, es muss alles anders werden. Gleichzeitig wird wie immer das Spiel „Wo kann ich da und dort etwas herausquetschen?“ gespielt.

Meint es die ÖVP ernst?

Wir sind alle von der Situation damals unter Schüssel geprägt. Die Sorge, dass da Spielchen gespielt werden, ist sicher da. Aber ich bin immer optimistisch. Die zwei Parteien müssen schauen, dass sie einen gemeinsamen Weg finden. Dann muss man überlegen, was man in der tagespolitischen Arbeit macht, damit es in fünf Jahren besser als bei dieser Wahl ausschaut.

Reicht da mehr Miteinander? Oder ist der Niedergang der Regierungsparteien programmiert?

Wenn man etwas zustandebringt, könnte man das ordentlich gemeinsam kommunizieren. Ich halte die Aussage „Da geht nix weiter“ nicht aus. Aber auch wir müssen überlegen, wie wir sachlich fundierte Arbeit machen und wie wir an der Kurbel der Emotion drehen. Also, mehr Leidenschaft.

Wenn es mit der ÖVP nicht funktioniert: Was ist die Alternative? Eine Minderheitsregierung?

Diese Möglichkeiten werden wir diskutieren, wenn dieser Fall eintritt. Da lege ich mich nicht fest.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.10.2013)


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