Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Obama und Romney

Obama und Romney
Obama und RomneyReuters
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In einer Reuters/Ipsos-Erhebung kam Obama auf eine Zustimmung von 47 Prozent, Romney auf 46 Prozent. Rechnungen des Senders CNN zufolge liegen beide gleichauf.

In einem finalen Kraftakt zwei Tage vor der Wahl setzen US-Präsident Barack Obama und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney am Sonntag ihre Werbetouren durch möglicherweise entscheidende Bundesstaaten fort. Jüngste Umfragen deuten weiter auf ein denkbar knappes Ergebnis bei der Wahl am 6. November hin. Beide Kandidaten liegen US-weit nahezu gleichauf. Romney steht jedoch vor der schwereren Aufgabe: Er muss mehr der besonders hart umkämpften Bundesstaaten gewinnen, um Obama aus dem Weißen Haus zu vertreiben.

Das enge Rennen spiegelte sich auch in den Reiserouten der beiden Kontrahenten wider: Sie kreuzten sich am Samstag wiederholt, und einmal traten Romney und Obama in Iowa nur wenige Kilometer entfernt voneinander auf.

Der Amtsinhaber konzentrierte sich bei seinen Auftritten vor allem darauf, seine eigenen Demokraten mitzureißen. "Ich bin noch lange nicht müde", betonte er wiederholt. "Ich habe noch viel Kampflust in mir." Romney richtete seine Botschaft offensichtlich auch an enttäuschte ehemalige Obama-Wähler. "Der Präsident hat seine Chance gehabt. Er hat sie nicht genutzt."

Romney hastete am Samstag von New Hampshire nach Iowa und dann nach Colorado. Am Sonntag geht es erneut nach Iowa und Ohio, danach nach Pennsylvania und Virginia. Obama jettete nach Ohio, Wisconsin, Iowa und Virginia. Am Sonntag nimmt er New Hampshire, Florida, Colorado und erneut Ohio ins Visier. Sie alle gehören zu den sogenannten Swing States - Staaten mit noch nicht absehbaren Mehrheitsverhältnissen, die über den nächsten Präsidenten entscheiden könnten. Obama hat zwar laut Umfragen in den meisten dieser Staaten die Nase vorn, aber zumeist nur hauchdünn.

Der Sender CNN rechnete am Samstag vor, dass jüngste Umfragen im Schnitt zwischen beiden Kandidaten einen Gleichstand von 47 zu 47 Prozent ergeben haben. Eine Umfrage von Reuters/Ipsos ergab, dass 47 Prozent für Obama, 46 Prozent für Romney stimmen wollten. Einer am Freitag (Ortszeit) veröffentlichten NBC/"Wall Street Journal"-Erhebung zufolge führt der Demokrat Obama in Ohio aber mit 51 zu 45 Prozent vor dem Republikaner Romney. Auch im ebenfalls möglicherweise wahlentscheidenden Florida liegt Obama vorn, aber nur knapp mit 49 zu 47 Prozent. Die "New York Times" wies darauf hin, dass Obama in 19 von 22 am Freitag veröffentlichten Umfragen in den sogenannten Swing States die Nase vorn hat.

In den USA wird der Präsident nicht direkt gewählt, sondern durch ein Wahlmännergremium. Jeder Staat verfügt in diesem Gremium über eine bestimmte Zahl an Stimmen, die jeweils dem Sieger in dem betreffenden Staat zugesprochen werden. Es wäre also möglich, dass Romney landesweit zwar die meisten Stimmen erhält, aber Obama siegt, weil er in den entscheidenden Staaten gewonnen hat. Die magische Zahl für den Gesamtsieg liegt bei 270 Wahlmänner-Stimmen.

Online-Wettbüros: Obama vorne

Wetten auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl sind in den USA verboten. Im Internet ergibt sich jedoch ein klarer Trend: Amtsinhaber Obama ist bei vielen Online-Wettbüros der heiße Favorit.

Selbst im US-Wettbüro-Mekka Nevada ist nicht alles möglich: Wetten auf den Ausgang der Präsidentschaftswahl sind gesetzlich verboten. Wer trotzdem auf den Sieg von Amtsinhaber Barack Obama oder den seines republikanischen Herausforderers Mitt Romney setzen will, muss ins Internet ausweichen. Marketing-Manager John W. hat 100 Dollar auf Obama gesetzt. Seinen vollen Namen möchte er nicht veröffentlicht sehen, weil er mit seiner Wette eigentlich das Gesetz bricht.

Und viel Gewinn wird er auch nicht einstreichen, egal wie die Wahl ausgeht: Die meisten Online-Wettbüros geben für einen Obama-Sieg eine Quote von gerade einmal 1:4. Vier Dollar Einsatz bringen also nur einen Bonus von einem weiteren Dollar, falls auch der nächste Präsident der Vereinigten Staaten Obama heißt.

Romneys Quote liegt bei 11:4, ist also schon lukrativer: Vier Dollar Einsatz bringen im Falle eines Romney-Triumphs einen Gewinn von elf Dollar. Dazu gibt es den Einsatz zurück. John W. hat sich trotz der miesen Quote für Obama entschieden.

"Ich wette gerne auf Sportergebnisse und treffe meist ganz gut, weil ich Statistiken und Trends studiere und meine Emotionen außer Acht lasse", erklärt er. Genauso sei er bei seiner Wahlwette vorgegangen. "Ich bin mir sicher, dass Obama siegen wird, weil er in den stark umkämpften Staaten seinen Vorsprung hat halten können. Das ist für mich leicht verdientes Geld."

Andere Amerikaner wetten mit Freunden und Bekannten, was natürlich nicht verboten ist. Obama-Berater David Axelrod riskiert dabei seinen Oberlippenbart, den er seit 40 Jahren trägt. Er versprach dem konservativen Nachrichtenmoderator Joe Scarborough, sich vor laufender Kamera in dessen Sendung "Morning Joe" zu rasieren, sollte Obama die Staaten Michigan, Minnesota oder Pennsylvania verlieren. TV-Mann Scarborough hingegen will sich einen Schnauzer wachsen lassen, falls Obama in Florida oder North Carolina siegt.

Überhaupt scheint Scarborough ein beliebter Wettgegner zu sein. "New York Times"-Wahlforscher Nate Silver hat dem Moderator seine Wette auf dem Kurznachrichtendienst Twitter angetragen: Gewinnt Romney, will Silver 1.000 Dollar an das Rote Kreuz spenden - bei einem Obama-Sieg soll Scarborough zahlen. Silver hat die Trends in den einzelnen Staaten genau untersucht und schätzt die Wahrscheinlichkeit für einen Triumph Obamas auf 79 Prozent.

Die Online-Wettbüros könnten der Wahrheit näher kommen als viele Umfragen. Leighton Vaughan Williams von der Nottingham Business School in Großbritannien hält Zocker für verlässlichere Wahlpropheten als die Teilnehmer an Wahlumfragen. Für die gebe es nämlich keinerlei Anreiz, den Fragestellern die Wahrheit über ihre Wahlabsichten zu sagen, erklärt der Politikwissenschaftler. Wer jedoch im Wettbüro sein Geld riskiert, trifft wohl gut abgewägte Entscheidungen, die alle vorhandenen Informationen mit einbeziehen.

Williams schätzt, dass die Wetter insgesamt rund 100 Millionen Dollar auf das US-Wahlergebnis setzen werden. Auch erwartet er einen noch klareren Sieg für Obama als die meisten Wettbüros. Dennoch rät er zur Vorsicht: "Umfragen entscheiden nämlich keine Wahlen, und die Wettmärkte tun es auch nicht", schreibt er in seinem Blog. Einzig die Wähler entschieden, wer Präsident wird - und damit sei bis zum letzten Moment alles möglich.

(APA/Reuters)

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