Wien: Letzter Gemeinderat mutiert zu Wahlkampf

Archivbild: Das Wiener Rathaus
Archivbild: Das Wiener RathausClemens Fabry / Die Presse
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Bei der Sondersitzung wurde ein Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Häupl erwartungsgemäß abgelehnt - trotz einer "Überläuferin".

Showdown im Wiener Rathaus: Das Stadtparlament hat am Freitag zum letzten Mal in dieser Legislaturperiode getagt. Auf dem Programm stand ein von den Freiheitlichen begehrter Sondergemeinderat zum Thema Wohnen. Die Veranstaltung mutierte jedoch flugs zur Wahlkampfveranstaltung. Denn die Blauen brachten einen Misstrauensantrag gegen Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) ein. Die Roten konterten prompt.

Auf zweieinhalb Seiten listeten die Freiheitlichen in ihrem Antrag die Versäumnisse der rot-grünen Stadtregierung auf. Arbeitslosigkeit, Gebührenerhöhungen oder teure Mieten wurden als Gründe ins Treffen geführt, dem Bürgermeister das Vertrauen zu entziehen. "Es ist Zeit für einen Wandel", brachte FP-Klubchef Johann Gudenus in seinem Redebeitrag das freiheitliche Anliegen auf den Punkt. Der Machtwechsel, so zeigte er sich überzeugt, werde am 11. Oktober stattfinden.

SPÖ: Strache als "Bürgermeister von Ibiza" 

SPÖ-Klubchef Rudolf Schicker lud noch vor der Sitzung Journalisten zum Gespräch, um darzulegen, wie erfolgreich die Arbeit von Bürgermeister Häupl in den vergangenen 21 Jahren gewesen sei. Investitions- und Integrationsmaßnahmen, Ausbau des öffentlichen Verkehrs oder medizinische Versorgung wurden dabei aufgelistet. Auch die Errichtung von rund 8000 geförderten Wohnungen pro Jahr wurde hervorgehoben. Häupl sei jedenfalls ein viel besserer Politiker als FP-Chef Heinz-Christian Strache - der eher als "Bürgermeister von Ibiza" infrage käme, wie Schicker meinte.

Die eigentliche Debatte im Gemeinderat wurde dann doch mit interfraktionellem Lob eröffnet: Gudenus bedankte sich beim anwesenden Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ), dass er die Sitzung mitverfolge. Und er würdigte ihn als "Stadtrat, der auch bereit ist, sich Kritik anzuhören und mit Kritik umzugehen". Zusatz: "Das ist nicht selbstverständlich in dieser Stadt."

Die FPÖ forderte unter anderem die Errichtung von "Gemeindebauten in großem Stil". Die entsprechende Initiative der Stadt sei zu wenig, befanden die Freiheitlichen. Dass diese 10.000 Gemeindewohnungen pro Jahr errichten möchte, sorgte wiederum bei Grün-Mandatar Christoph Chorherr für Staunen. Er bezweifelte, dass es die entsprechenden Flächen dafür gebe.

ÖVP-Chef Manfred Juraczka wiederum glaubt laut eigenen Angaben nicht an die Treffsicherheit des sozialen Wohnbaus, da 62 Prozent der Wiener in geförderten Wohnungen lebten. Er sprach sich dafür aus, mehr freifinanzierten Wohnbau zuzulassen.

VP-Mandatarin unterstützt Misstrauensantrag

Die letzte Sitzung des Gemeinderats vor der Wahl ging - anders als der Sonderlandtag am Montag, als die FPÖ erbost aus dem Saal ausgezogen war - ohne Tumulte über die Bühne. Wobei die Veranstaltung letztendlich doch mit einer kleinen Überraschung endete: Der Misstrauensantrag gegen Häupl (der zweite in dieser Periode, Anm.) wurde nicht nur von den Freiheitlichen unterstützt, sondern auch von der VP-Mandatarin Isabella Leeb.

Der Rest der VP-Fraktion verweigerte hingegen, so wie die roten und grünen Mandatare, die Zustimmung. Damit scheiterte - wie erwartet - auch die Abwahl Häupls. Für Leeb war es jedenfalls die letzte Sitzung, da sie bei der kommenden Wahl nicht mehr antritt. Die ÖVP hatte ihr einen fixen Startplatz verweigert.

(APA)

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