ÖVP-Wahlkampfabschluss: Der letzte Aufruf der Bürgerlichen

VP-Chef Manfred Juraczka appelliert noch einmal an die Funktionäre: „Es bleiben uns drei Tage.“
VP-Chef Manfred Juraczka appelliert noch einmal an die Funktionäre: „Es bleiben uns drei Tage.“(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Schlusskundgebung der Wiener Volkspartei findet im Eiltempo mit wenig Publikum statt. Parteichef Juraczka übt sich in Zweckoptimismus und hofft auf den dritten Platz.

Wien. Es ist Donnerstagvormittag, die Wiener ÖVP hat zu ihrer großen Schlussveranstaltung des Wahlkampfs geladen: ÖVP-Mitarbeiter in gelben Werbejacken der Volkspartei und mehrere Dutzend Parteifunktionäre bilden ein Spalier. Und dann marschiert Parteichef Manfred Juraczka mit Siegesgeste zu einer kleinen Bühne, die mit vielen VP-gelben Luftballons drapiert ist, nimmt das Mikro und hält eine Rede, die in heftigem Applaus endet. Als Musikuntermalung läuft Falcos „Vienna Calling“.

Was wie eine Mega-Veranstaltung klingt, hat nur einen kleinen Haken: Sie findet gleichsam unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Denn während andere Parteien den Wahlkampfschluss publikumswirksam an öffentlichen Plätzen zelebrieren – wie etwa die FPÖ auf dem Stephansplatz –, hält die Volkspartei ihr Finale in den Arkaden vor dem ÖVP-Büro am Rathausplatz ab.

Schuld ist das Wetter: Ursprünglich ist geplant gewesen, auf dem Michaelerplatz eine Bühne aufzubauen und dort den Wahlkampfschluss zu begehen. Da Regen angesagt war, wurde die Location kurzfristig geändert. Im Nachhinein keine gute Entscheidung.

Hinter den Erwartungen

Die Abschlusskundgebung der VP widerspiegelt aber auch den derzeitigen Zustand der Wiener Volkspartei: Parteichef Manfred Juraczka gibt sich betont dynamisch, zeigt betonten Optimismus (Ziel: respektables Ergebnis, Platz drei vor den Grünen). Dazu Jubel bei vielen Funktionären, zugleich ist aber auch ein Hauch von Resignation zu spüren. Jeder weiß, dass die ÖVP trotz aller optimistischen Parolen derzeit bei plus/minus zehn Prozent liegt – und damit weit hinter den Erwartungen.

Interessant ist ebenfalls, dass mit Sophie Karmasin und Harald Mahrer zwar zwei der Wiener VP-Regierungsmitglieder anwesend sind (Sebastian Kurz ist im Ausland), aber selbst keine Reden halten. Und auch die Ansprache des Parteichefs fällt relativ kurz aus – gerade fünf Minuten. Juraczka weist auf einige Widrigkeiten hin, mit denen die VP in den vergangenen Wochen zu kämpfen hatte. Etwa auf das Thema Flüchtlinge, bei dem es nicht einfach gewesen sei, „den Menschen den Verstand ans Herz zu legen“. Oder auf die abtrünnige Ursula Stenzel, wenn auch nicht namentlich genannt, „Wir mussten gegen Illoyalität und den Verrat an den eigenen Werten kämpfen.“ Es sei zudem schwierig für eine bürgerliche Partei in Wien, „gegen eine linke Medienmaschinerie anzukämpfen“, sagt Juracka.

Die politischen Konkurrenten werden in der Kürze „abgefeiert“: Bürgermeister Häupl werde am Sonntag seine Abreibung kriegen, prophezeit der VP-Chef. Für die Politik der Grünen habe er kein Verständnis, es gebe in Wien 150.000 Arbeitslose, da sei es verrückt, wenn man über den Anstrich von Radwegen nachdenke. Und FP-Chef Strache? Dieser spreche zwar oft richtige Probleme an, habe aber keine Antworten. Strache profitiere von diffusen Ängsten.

„Es bleiben uns drei Tage“, appelliert er schließlich an die Mitarbeiter und Funktionäre. Applaus – doch der große Enthusiasmus stellt sich nicht ein. Schließlich gab es in den vergangenen Monaten auch parteiintern einige kritische Debatten. So hat etwa die Entscheidung, Stenzel abzulösen, nicht überall Zustimmung gebracht.

Bangen um Mandat

Die Erstellung der Kandidatenliste, bei der Juraczka voll auf Verjüngung setzt, hat ebenso Ärger hervorgerufen. Einige Altgediente müssen jetzt um ihr Mandat bangen und probieren es mit einer Vorzugsstimmen-Kampagne. Etwa Ingrid Korosec, die über den Seniorenbund Stimmen sammelt, oder Norbert Walter vom Bauernbund, der im Zuge seines persönlichen Wahlkampfs betont, dass er die einzige Stimme für die Wiener Bauern sei.

Dazu gab es Konflikte mit Bezirksparteien. So in Hietzing. Dort wollte Juraczka (angeblich auf Anraten von Kurz) einen Wechsel an der Parteispitze durchziehen. Es gab Widerstand und schließlich einen Kompromiss: Die Amtszeit wird geteilt. Doch die Vorgangsweise hat nicht nur in der Bezirkspartei Unbehagen erzeugt.

Auf einen Blick

Die Wiener ÖVP hat am Donnerstag ihren Wahlkampf mit einer Schlussveranstaltung beendet, die sich besonders an Funktionäre und Sympathisanten gerichtet hat. Parteichef Manfred Juraczka zeigte sich dabei betont optimistisch: Man wolle bei der Wahl am Sonntag ein respektables Ergebnis erzielen und Dritter werden (vor den Grünen). Entgegen den Vorstellungen Juraczkas lag die VP zuletzt in den Umfragen aber deutlich abgeschlagen auf dem vierten Platz – mit unter zehn Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2015)

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