Neos: Wahlsieger des Abends - zumindest beim Feiern

Beate Meinl-Reisinger führt die Neos in den Wiener Gemeinderat.
Beate Meinl-Reisinger führt die Neos in den Wiener Gemeinderat.(c) APA/HERBERT P. OCZERET (HERBERT P. OCZERET)
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Nach drei Schlappen feierten die Neos ihr Comeback ausgelassen. Die 6,2 Prozent sollen der Beginn eines Neustarts werden. Was in Wien gelungen ist, soll auch anderswo wieder gelingen: ÖVP und Grüne anzuzapfen.

Wien. Die Neos waren der Sieger des Abends. Zumindest wenn man die Wahlparty als Maßstab nimmt. Im Ludwig und Adele im Wiener Künstlerhaus feierten die Neos, als hätten sie gerade den Bundeskanzler erobert. Oder besser gesagt: die Bundeskanzlerin. Beate Meinl-Reisinger, die Wiener Spitzenkandidatin der Neos, wurde bejubelt. Und Parteichef Matthias Strolz gab Jetzt-starten-wir-wieder-durch-Parolen aus.

Die Stimmung war euphorisch wie vor zwei Jahren beim Einzug in den Nationalrat. Als das SPÖ-Zelt in der Löwelstraße schon längst geräumt war, feierten die Neos noch immer. Alles eine Frage der Relation freilich: Die wesentlich besseren Ergebnisse bei der EU-Wahl (8,1 Prozent) und bei der Vorarlberger Landtagswahl (6,9 Prozent) hatten noch als Enttäuschung gegolten. Nun feierte man eine Art Comeback.

Die nunmehrigen 6,2 Prozent sollen der Anfang eines Neustarts sein. Nach den jüngsten Niederlagen in der Steiermark, im Burgenland und in Oberösterreich. In ihrer Wien-Wahl-Taktik fühlten sich die Neos bestätigt. Meinl-Reisinger dankte Parteichef Strolz, dass sie so einen aggressiven Wahlkampf habe führen dürfen. Sich auf Heinz-Christian Strache einzuschießen, hätte sich ausgezahlt. Jedenfalls bei den (bisherigen) Grünen-Wählern. Von diesen gewannen die Neos 11.000 Stimmen. Der Großteil, 19.000, kam erwartungsgemäß von der ÖVP. Und in diese Richtung zielt auch die weitere Strategie der Neos: der Volkspartei in Wien den Rang als die bürgerliche Partei abzulaufen. SPÖ und vor allem die ÖVP seien ausgelaugt, die Neos in Wien nun die bürgerliche Alternative, meinte Parteichef Strolz am Wahlabend. Mit Gernot Blümel hat die ÖVP jetzt allerdings einen Akzent gesetzt, um genau das zu verhindern.

Ohne Flüchtlingskrise wäre man zweistellig geworden, glaubt man bei den Neos. Vor dem Sommer hätte es diesbezügliche Umfragewerte gegeben. Die 6,2 Prozent seien in Anbetracht der Umstände, des vermeintlichen Duells zwischen SPÖ und FPÖ, ein Erfolg. Allerdings: Wenn es eine urbane Partei wie Neos in Wien nicht schafft – wo sonst? Eine weitere Schlappe in Wien hätte wohl den Anfang vom Ende des Neos-Projekts bedeutet.

So aber geht die Neos-Geschichte weiter. Die Erleichterung war den Funktionären am Sonntagabend deutlich anzumerken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2015)

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