Vassilakou: "Gescheit war diese Aktion nicht"

Maria Vassilakou
Maria VassilakouAPA/HANS PUNZ
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Interview. Maria Vassilakou über die Konsequenzen, die sie aus ihrem Fehler gezogen hat – und warum sie jetzt lieber nicht sagt, in welche Richtung sich die Grünen entwickeln sollen.

Die Presse: Verstehen Sie die Kritik an Ihrer nicht eingehaltenen Rücktrittsankündigung?

Maria Vassilakou: Ich verstehe jede Kritik und nehme auch jede Kritik an. Ich hab gestern meinen Rücktritt angeboten. Wenn man das tut, tritt man vor seine Parteifreunde und sagt 'ich ziehe die Konsequenz'.

Inwiefern sind das echte Konsequenzen?

Insofern, als ich, dort wo man so etwas tut, nämlich in den höchsten Gremien der Grünen, meinen Rücktritt angeboten habe. Ich musste viel Kritik einstecken. Man hat aber mit einer überwiegenden Mehrheit den Rücktritt nicht zur Kenntnis genommen und mich beauftragt, die Grünen in eine Regierungsbeteiligung zu führen. Die grünen Mitstreiter haben mich geschimpft. Ich bin auch auf der Straße angesprochen worden. Viele haben gesagt: 'Das war ein Fehler. Du hast einen guten Wahlkampf gemacht.' Wir haben schlussendlich an Stimmen zugelegt.

Aber an Prozentpunkten verloren.

Ich habe immer gesagt, die Grünen hatten 95.000 Stimmen bei der letzten Wahl, wenn wir diesmal weniger haben, wird es Zeit für den Generationenwechsel. Wir haben aber 3000 Stimmen mehr. Die Moral von der Geschichte ist: Dass man erstens immer warten muss, bis die Stimmen ausgezählt sind und zweitens niemals solche Spekulationen öffentlich los starten soll, weil am Ende entsteht Verunsicherung und Verwirrung. Diesen Fehler nehme ich auf meine Kappe. Möge das mein letzter gewesen sein.

Haben Sie nicht Angst, an Glaubwürdigkeit zu verlieren?

Gescheit war diese Aktion sicher nicht.

Bereuen Sie es?

Bereuen? Ja, wenn Sie Wert auf den Ausdruck legen. Was soll ich Ihnen mehr sagen, als: Ja, ich sehe ein, das war keine Sternstunde, ich sehe ein, das war ein Fehler öffentlich den Rücktritt in den Raum zu stellen. Ich habe mich auch bei meinen Wählern entschuldigt. Die wünschen, dass wir in die nächste Regierung gehen und den weltoffenen Weg absichern. Wir sind in einer Situation, in der das wichtiger denn je ist. Denn Rot-Schwarz hat ein Mandat Überhang, es ist nicht ausgeschlossen, dass es zu Rot-Schwarz kommt.

Aber relativ unwahrscheinlich.

Mit Rot-Schwarz wäre aber der weltoffene Wiener Weg zu Ende. Die ÖVP vertritt in vielen Bereichen Positionen, die einer modernen Metropole nicht gerecht werden.

Müssen die Grünen jetzt linker werden?

In den elf Jahren habe ich immer Wert darauf gelegt, dass zu jedem Zeitpunkt offen diskutiert werden kann. Wir leben zudem im Zeitalter von Facebook und Blogs, das heißt hunderte Grüne posten und publizieren ihre Meinung, wohin die Reise gehen soll.

Aber was ist Ihre Meinung dazu?

Auch ich habe eine Meinung, aber ich hebe sie für die Diskussionen, die wir in den nächsten Wochen führen werden, auf. Es ist dringend geboten, sich Gedanken zu machen, wie man sich positionieren soll in den nächsten Jahren - auch wenn wir diese Wahl schlussendlich mit einem leichten Stimmenplus und einer zusätzlichen Bezirksvorsteherin abgeschlossen haben.

Und einem leichten Prozentminus.

Ja, wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung. Um das geht es ja auch nicht.

Aber die Frage war eigentlich, ob die Wiener Grünen linker werden müssen.

Wie gesagt, daher ist es geboten, sich Gedanken zu machen, was man anders und besser machen soll, damit man den gewünschten großen Sprung endlich auch erreicht.

Darauf gibt es aber noch keine Antwort?

Ich behaupte, dass niemand diese Antwort hat. Es gibt Gedanken, die man sich macht. Was zählt, ist die gemeinsame Sichtweise, die muss auch gemeinsam erarbeitet werden. Für eine Organisation, bestehend aus tausenden Menschen, kann nur das gemeinsame Bild tatsächlich umgesetzt werden.

Aber Sie als Grüne-Wien-Chefin müssen ja eine Idee haben, in welche Richtung es gehen soll.

Ja, habe ich, aber ich habe nicht vor heute öffentlich die Diskussion damit zu beginnen. Ich habe viel zu sagen. Wahrscheinlich gibt es keine Person, die sich mehr anders wünscht, als ich. Aber ich pflege diese Dinge zunächst intern zu besprechen. Außerdem ist es meine Aufgabe, das nach außen zu vermitteln, wofür die Grünen als Ganzes stehen. Die Erfahrung aus dem August hat mich gelehrt, wie wichtig es ist, nicht mit dem Herzen zu sprechen, sondern darauf zu warten, bis eine gemeinsame Sichtweise da ist.

Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger hat den grünen „Spaßwahlkampf“ kritisiert. Wurde der von der Bundespartei vorgegeben?

Es gibt diejenigen, die den Wahlkampf kritisiert haben, und jene, die ihn gut gefunden haben und diejenigen, die ihn großartig gefunden haben. Es gibt unterschiedlichste Sichtweisen. Die Entscheidungen haben wir getroffen.

Welche Themen sind Ihnen bei den Koaltionsverhandlungen wichtig?

Es hat bis jetzt noch kein Erstgespräch stattgefunden. Nach dem Erstgespräch klärt sich, ob überhaupt Koalitionsverhandlungen aufgenommen werden. Bevor das der Fall ist, werde ich rechtzeitig die Schwerpunkte öffentlich mitteilen. Hypothetische Debatten bringen nichts, das weiß ausgerechnet ich, als gebranntes Kind.

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